Z Gastroenterol 2004; 42 - P014
DOI: 10.1055/s-2004-831468

Norovirus-Ausbrüche 2002/2003– Klinik, Epidemiologie und Prävention

A Jansen 1, A Beyer 2, M Höhne 1, E Schreier 1, M Zeitz 3, K Stark 1, T Schneider 3
  • 1Robert Koch Institut
  • 2Gesundheitsamt Berlin-Steglitz, Berlin
  • 3Medizinische Klinik I, Charite Campus Benjamin Franklin

Einleitung: Im Winter 2002/03 kam es in Deutschland und zahlreichen weiteren europäischen Ländern zu einem dramatischen Anstieg der durch Noroviren verursachten Gastroenteritiden. Als Grund für diesen Anstieg wird das Auftauchen einer neuen Genotyp-Variante (Grimsby-like Virus) mit möglicherweise erhöhter Virulenz diskutiert. Zur Entwicklung präventiver Konzepte wurden die epidemiologischen und klinischen Aspekte der durch Noroviren verursachten Erkrankungen im Süden Berlins untersucht und mit den bundesweiten Daten der Meldestatistik des Robert Koch-Instituts (RKI) für den Winter 2002/03 verglichen.

Methoden: Von Oktober 2002 bis Februar 2003 wurden in 11 Berliner Seniorenheimen sowie einem Berliner Universitätsklinikum die Inzidenz und Verteilung der Norovirus-Erkrankungen sowie die entsprechende Symptomatik retrospektiv erfasst und ausgewertet. Die Datenabfrage zur bundesweiten Situation wurde mit dem Programm SurvNet des RKI durchgeführt.

Ergebnisse: Von Oktober 2002 bis Februar 2003 wurden insgesamt 56.883 Norovirus-Fälle übermittelt (gleicher Zeitraum 2001/02: 5.823 Fälle), die Mehrzahl davon im Rahmen von Häufungen primär in Krankenhäusern bzw. Alten- und Pflegeheimen, darunter auch in den untersuchten Berliner Seniorenheimen. Dort erkrankten 314 Personen, was einer „attack rate“ von 28,3% entspricht. 20,7% der Erkrankten wurden hospitalisiert. Eine primäre Infektionsquelle (z.B. Lebensmittel) wurde in keinem Fall gefunden. In dem untersuchten Klinikum erkrankten über einen Zeitraum von drei Monaten insgesamt 219 Personen an der neuen Genotyp-Variante. Auffällig war die durchschnittliche Erkrankungsdauer mit 69h (Median: 72h), die höher lag, als sonst für Noroviren beschrieben. Ein Durchbrechen der Infektionskette gelang mit verstärkten hygienischen Maßnahmen.

Diskussion: Die Mehrzahl der Norovirus-Häufungen 2002/03 spielte sich in Kranken- und Pflegeeinrichtungen ab. In den hier untersuchten Einrichtungen waren die ungünstigen Ausbruchsverläufe primär Ausdruck einer mangelnden Infektionshygiene. Die Übertragung von Mensch zu Mensch und die Ausbreitung des Virus über Aerosole und durch Flächenkontamination standen im Vordergrund. Ein adaptiertes Hygieneregime (Tab.1) führte zur Kontrolle der Ausbrüche.