Fortschr Neurol Psychiatr 2004; 72(12): 671
DOI: 10.1055/s-2004-830166
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Anmerkungen zur aktuellen Immuntherapie der chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP)

Commentary on the Current Immunotherapy of Chronic Inflammatory Demyelinating PolyneuropathyD.  Heuß
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. Dezember 2004 (online)

Lünemann u. Mitarbeiter haben in ihrem Beitrag in diesem Heft [1] versucht, die derzeitige Studienlage zur Therapie der CIDP zusammenzufassen und die Therapieverfahren hinsichtlich Wirksamkeit, Verträglichkeit und Kosten zu bewerten. In der Einleitung werden diagnostische Kriteriensysteme gegenübergestellt. Dabei wird besonderer Wert auf die Diagnosekriterien der American Academy of Neurology [2] und die von Saperstein u. Mitarb. [3] gelegt. Auch wird darauf hingewiesen, dass vorliegende Therapiestudien sehr uneinheitlich hinsichtlich Sensitivität und Spezifität der zur Diagnosestellung verwendeten Kriterien sind. Erwähnt werden muss hier die Arbeit von Busby und Donaghy [4] mit dem Versuch einer Subklassifikation der chronischen dysimmunen Neuropathien. Diese Klassifikation bezieht sich tatsächlich auf das klinische Polyneuropathiesyndrom. Dieses Ordnungssystem bildet das Spektrum der dysimmunen Neuropathien einfach, aber auch zutreffend ab, verglichen mit zuweilen hochentwickelten und ausgeklügelten Systemen beispielsweise für die Bedeutung von neurographischen Messdaten.

Zur Therapie der CIDP sei darauf hingewiesen, dass derzeit eine weltweite randomisierte, doppelblinde, Plazebo-kontrollierte Studie zur Wirksamkeit von Immunglobulinen gemacht wird mit einem Beobachtungszeitraum von 9 Monaten. Die Ergebnisse dieser Studie werden hilfreich sein gerade für die Indikation zur Langzeitbehandlung der CIDP mit Immunglobulinen. Da in dieser Studie aber alternativ nur Plazebo getestet wird, bleibt die Problematik einer alternativen Glukokortikoidlangzeittherapie im Kontext mit dem Kostenfaktor und Langzeitnebenwirkungen weiter eine nicht sicher zu lösende Frage. Zur Therapieentscheidung Glukokortikoide versus Immunglobuline ist die von McCrone u. Mitarb. [5] publizierte Kosten-Nutzen Analyse hilfreich. Die Autoren kommen zum Ergebnis, dass die Immunglobulinbehandlung verglichen mit der Prednisolonbehandlung unter Berücksichtung der durch die Langzeitnebenwirkungen der Glukokortikoidbehandlung verursachten Kosten wahrscheinlich kosteneffektiver ist. Die Indikation zur Behandlung der CIDP mit Cyclophosphamid, Cyclosporin A und Interferonen wird in der präsentierten Arbeit entsprechend der Datenlage kritisch dargestellt. Gerade Cyclophosphamid und Cyclosporin A sind neben der Plasmapherase bei Nichtansprechen auf eine Behandlung mit Immunglobulinen und Glukokortikoiden gegenwärtig die alternative Therapie.

Literatur

  • 1 Lünemann J D, Prass K, Zschenderlein K. Immuntherapie der chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie.  Fortschr Neurol Psychiat. 2004;  72 672-678
  • 2 Research criteria for diagnosis of chronic inflammatory demyelinating polyneuropathy (CIDP). Report from an Ad Hoc Subcommittee of the American Academy of Neurology AIDS Task Force.  Neurology. 1991 May;  41 (5) 617-618 Review
  • 3 Saperstein D S, Katz J S, Amato A A, Barohn R J. Clinical spectrum of chronic acquired demyelinating polyneuropathies.  Muscle Nerve. 2001 Mar;  24 (3) 311-324 Review
  • 4 Busby M, Donaghy M. Chronic dysimmune neuropathy. A subclassification based upon the clinical features of 102 patients.  J Neurol. 2003 Jun;  250 (6) 714-724
  • 5 McCrone P, Chisholm D, Knapp M, Hughes R, Comi G, Dalakas M C, Illa I, Kilindireas C, Nobile-Orazio E, Swan A, Bergh P Van den, Willison H J. The INCAT Study Group . Cost-utility analysis of intravenous immunoglobulin and prednisolone for chronic inflammatory demyelinating polyradiculoneuropathy.  Eur J Neurol. 2003 Nov;  10 (6) 687-694

Prof. Dr. Dieter Heuß

Neurologische Klinik mit Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg

Schwabachanlage 6

91054 Erlangen

eMail: dieter.heuss@neuro.imed.uni-erlangen.de

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