Zentralbl Gynakol 2004; 126 - 3_051
DOI: 10.1055/s-2004-829708

Differentialdiagnose der Anisomastie in der Jugendgynäkologischen Sprechstunde

C Heitmann 1, A Weidner 1, VF Duda 1, U Wagner 1, K Bock 1
  • 1Klinik für Gynäkologie, Gyn. Endokrinologie und Onkologie, Philipps-Universität Marburg

Einleitung:

Die Entwicklung der weiblichen Brust weist ein großes Variationsspektrum auf. Während der Thelarche ist eine Ungleichheit der Brustgröße in begrenztem Ausmaß als physiologisch anzusehen. Häufig gleichen sich die Brustvolumina in der weiteren Entwicklung annähernd einander an.

Als wichtige Differentialdiagnose einer einfachen Anisomastie sollte das Vorliegen eines Poland-Syndromes in Betracht gezogen werden.

Material und Methoden:

Wir berichten über 6 Adoleszentinnen (13–17 Jahre), die sich aufgrund einer ausgeprägten „Anisomastie“ in unserer jugendgynäkologischen Sprechstunde vorstellten.

Zur Differentialdiagnose erfolgte die klinische Untersuchung zur Bestimmung der Pubertätsentwicklungsstadien nach Tanner incl. Fotodokumentation, gefolgt von einer standardisierten Mamma-Sonographie sowie der Sonographie der ventralen Thoraxwand.

Bei der Diagnose Poland-Syndrom wurden weiterführende Untersuchungen zum Ausschluss/zur Bestätigung typischer Begleitfehlbildungen veranlasst.

Ergebnisse:

Alle 6 Adoleszentinnen zeigten bei ansonsten regelrechter Pubertätsentwicklung eine deutliche Anisomastie, als deren Ursache in 4 Fällen ein Poland-Syndrom diagnostiziert werden konnte. In den beiden anderen Fällen handelte es sich um eine Anisomastie ungeklärter Ursache, wobei in einem Fall begleitend ein Hyperthelorismus vorlag, in dem anderen Fall tubuläre Mammae beidseits.

Bei den 4 Jugendlichen mit Poland-Syndrom konnten neben den Entwicklungsstörungen der Brust auch die typischen Thoraxwandfehlbildungen und insbesondere die Hypo-/Aplasie des homolateralen Muskulus pektoralis festgestellt werden.

Zusammenfassung:

Die ausgeprägte adoleszente Anisomastie kann zur erheblichen psychischen Beeinträchtigung der Heranwachsenden in dieser sehr vulnerablen Entwicklungsphase führen.

Obwohl die Inzidenz des Poland-Syndroms eher gering ist, sollte dieses differentialdiagnostisch erwogen werden und kann durch sorgfältige klinische sowie sonographische Untersuchung mit hoher Sicherheit diagnostiziert bzw. ausgeschlossen werden.

Das therapeutische Gesamtkonzept lässt sich in Kenntnis der Grunderkrankung entsprechend planen und hilft damit, eine mögliche psychische Belastung der Patientin zu reduzieren.