Zentralbl Gynakol 2004; 126 - 8_014
DOI: 10.1055/s-2004-829671

Gasaustausch mit einer modifizierten Membranlunge beim Lamm, ECCO2-R – eine Alternative zu ECMO beim Neugeborenen

F Sierra 1, K Hultquist 2, U Sussmane 2, S Schmidt 1
  • 1Klinik für Geburtshilfe und Perinatalmedizin der Philipps-Universität Marburg
  • 2Mount Sinai Hospital, USA

Fragestellung:

Bei Einsatz von extrakorporalen Kreisläufen für den Gasaustausch bei respiratorisch insuffizienten Neugeborenen stellt einerseits derzeit die letzte Stufe der Therapie dar – andererseits ist die hohe Komplikationsrate insbesondere durch Hirnblutungen bei den behandelnden Kindern mit diesem (ECMO) Verfahren berichtet worden. Wir sind im Rahmen einer experimentellen Studie mit modifizierte Kreislaufssystemen – ECCO2-R der Frage nachgegangen, ob sich die Antikoagulation während des Einsatzes von diesem künstlichen Organ durch Beschichtung der Kreisläufe mit Heparin umgehen lässt. Zur Analyse wurde in Vergleich zu umbeschichteten Systemen sowohl die Effektivität des Gasaustausches als auch die morphologische Analytik des Perfusionskreises herangezogen.

Methode:

Der Biomedicus Perfusionskreis mit niedrigem Widerstand setzse sich aus 3/16 Schläuchen, einem Kannulations-Katheter (14 french) und einer Membranlunge (Medtronics AV-Prototyp zusammen. Das Füllvolumen des Perfusionskreises betrug 80ml.

In Rahmen einer Vergleichsstudie wurden unbeschichtete Systeme mit heparinbeschichteten Systemen arteriovenös konnektiert.

Nach Intubation für die apnoische Oxygenierung nach Kolobow von jeweils 5 neugeborenen Lämmern wurde ein arteriovenöser Kreißlauf ohne interponierte Pumpe über die Arteria carotis und Vena jugularis von neugeborenen Lämmern angeschlossen. Die Antikoagulation erfolgte bei unbeschichteten Systemen mittels systemische Heparingabe während bei beschichteten Systemen auf die systemische Antikoagulation verzichtet wurde.

Nach Beginn der extrakoporalen Perfusion wurde durch intermittierende Blutgasanalytik eine Bestimmung von pH, pO2, pCO2 und Lactat ermöglicht.

Hinsichtlich der Hemodynamik wurde der Blutdruck des Versuchstieres, die Herzfrequenz sowie der zentral venöse Druck und das Durchflussverhalten in der extrakorporalen Membran (arteriovenöse Flow) ermittelt.

Hinsichtlich der morphometrischen Auswertung wurde das elektronenmikroskopische Rasterverfahren eingesetzt. Hierbei wurde nach Versuchsende die Membran über Querschnitte in einer Vergrößerung von 20- bis 1000-fach vergrößert.

Ergebnisse:

Bei 10 neugeborenen Schafen konnte unproblematisch die extrakorporale Perfusion begonnen werden. Nach einer Adaptation von ½ Stunde ergaben sich keine Hinweise auf Ausbildung einer Herzinsuffizienz nach Anschluss an den arterio-venösen Kreislauf.

Hinsichtlich des Blutflussverhaltens ergab sich ein kontinuierlicher Fluss zwischen 130 und 145ml/Min. im extrakorporalen Kreislauf, wobei dieses Flussverhalten sich über den Perfusionszeitrum nicht veränderte.

Bezüglich der Blutgasparameter ergab sich mit dem Beginn eine leichte metabolische Azidose mit Lactatwerten unter 5 mmol/L, welche dann im Verlauf des weiteren Versuches nicht mehr nachweisbar waren.

Die Oxygenierung war mit einem pO2 >60mmHg in allen Fällen über den Versuchsablauf hinreichend.

Das Versuchsende wurde elektiv mit einem Zeitraum von 12 Std. gewählt, um eine morphometrische Aufarbeitung der Lungen zu ermöglichen:

Die morphometrische Aufarbeitung (EM) der Lungen ergab eine glatte Membranoberfläche für den Fall der Beschichtung während in dem Fall fehlender Heparinisierung Ablagerungen im Bereich der Lunge darstellbar waren.

Diskussion:

Das Verfahren der extrakorporalen Membranoxygenierung bei Neugeborenen wurde für den Fall einer respiratorischen Insuffizienz, welche sich durch andere Verfahren der Behandlung entzieht entwickelt. Aufgrund der guten Ergebnisse in den frühen 70-ziger Jahren wurde das Verfahren in den USA weit verbreitet und ist inzwischen erfolgreich bei über 10000 Patienten eingesetzt worden. In den letzten Jahren haben sich alternativ zu den extrakorporalen Membranoxygenierungen auch die NO-Beatmung und die Flüssigkeitsbeatmung angeboten. Die verbleibende kleine Gruppe von Patienten, die hier therapieresistent sind, sollten jedoch einer letzte Stufe der Therapie zugeführt werden. Die Biokompatibilität dieser Perfusionskreise sollte erheblich verbessert werden.

Schlussfolgerung:

Die arterio-venösen Kreislaufsysteme wurden im Rahmen einer kooperativen Studie für den Einsatz bei Neugeborenen im Sinne der Biokompatibilität sowohl hemodynamisch als auch seitens der Oberflächen soweit entwickelt, dass ein klinischer Einsatz aufgrund der guten vorklinisch tierexperimentiellen Ergebnisse wahrscheinlich erscheint.

In diesem Sinne kann der extrakorporale Kreißlaufeinsatz als schonend und effektiv für das kranke Neugeborene erwartet werden.