RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-2004-829392
Familiäres Long-QT-Syndrom (LQTS) in der Neonatalperiode – Ist eine sofortige Therapie indiziert?
Fallbericht: Wir berichten über ein per sectio ceasarea entbundenes männliches Frühgeborenes der 36+ 3. Schwangerschaftswoche (Geburtsgewicht 2250g) mit unauffälliger postpartaler Anpassung. Familienanamnestisch sind ein Romano- Ward- Syndrom bei Vater, Großmutter und Urgroßmutter väterlicherseits bekannt. Dem mit Propranolol behandeltem Vater wurde aufgrund unzureichender Wirkung ein Kardioverter- Schrittmacher implantiert. Am 1. Lebenstag wurde im Oberflächen- EKG eine verlängerte frequenzkorrigierte QT- Zeit (QTc) von 0,6s dokumentiert. Eine Elektrolytverschiebung oder Medikamenteneinfluss konnten als Ursachen hierfür ausgeschlossen werden. Taubheit, T- Wellen- Alternans oder Torsaden traten nicht auf. Entsprechend eines Scores nach Schwartz et al. war das Vorliegen eines LQTS als hochwahrscheinlich einzuschätzen. Bei einer QTc größergleich 0,5s und männlichem Geschlecht war von einem hohen Risiko für das Auftreten tachykarder Herzrhythmusstörungen auszugehen. Der Patient wurde mit Metoprolol behandelt, die QTc normalisierte sich anschließend. In der molekulargenetischen Genotypisierung fand sich eine identische Genmutation für den Vater und das Kind.
Diskussion: Das familiäre LQTS ist eine kongenitale Erkrankung mit familiärer Häufung, die durch eine Verlängerung der QTc im EKG und das Auftreten von lebensbedrohlichen ventrikulären Tachyarrhythmien gekennzeichnet ist. Das LQTS wird durch genetische oder medikamentöse Alterationen von Ionenkanälen ausgelöst. Molekulargenetisch sind zur Zeit 7 Genloci identifiziert. Ein Auftreten in der Neonatalperiode ist äußerst selten. Allein die EKG- Veränderung nach Ausschluss äußerer Einflüsse ist für die Therapieindikation ein ausreichendes Kriterium. Eine Gensequenzierung bei bekannter Familienanamnese muss auch bei fehlenden EKG- Veränderungen zur Objektivierung der Krankheit erfolgen. Zur Standardtherapie zählen beta- Blocker, Magnesiumgaben, chirurgische Sympathektomie und Implantation von Kardioverter- Schrittmachern.
Zusammenfassung: Unser Fallbericht unterstützt die Notwendigkeit bei auffälliger Anamnese und eindeutigen EKG- Kriterien eine diagnostische Klärung durch teure und aufwendige Mutationssuche und Sequenzierung herbeizuführen. Sowohl das Vorliegen einer verlängerten QTc als auch der molekulargenetische Nachweis einer LQTS- Mutation stellen auch in der Neonatalperiode eine Indikation zur Therapie und kardiologischen Überwachung dar.