Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 51
DOI: 10.1055/s-2004-829256

Geburtstraumatische Schädelverletzungen nach Vakuumextraktion (VE) – ein diagnostisches Problem

AW Flemmer 1, S Jonat 1, U Hasbargen 1, G Münch 1, K Schneider 1, A Schulze 1
  • 1Neonatologie Frauenklinik Großhadern der LMU, Neonatologie der Kinderklinik der LMU, Radiologie der Kinderklinik der LMU (München, Deutschland)

Nach Vakuum-Extraktion kommt es in bis zu 5% der Fälle zu Kalottenfrakturen, wobei das Risiko einer schwerwiegenden Komplikation unter 1% liegt. Bei Vorliegen einer intrakraniellen Blutung liegt die Mortalität der betroffenen Kinder jedoch bei ca. 23% (Macleod et al. 2003). In Standard-Ultraschalluntersuchungen können Frakturen und Blutungen unter der Kalotte leicht übersehen werden. Anhand zweier Patienten berichten wir über den diagnostischen Nutzen der transkraniellen Sonographie nach Vakuumextraktion.

Patient 1: Es handelt sich um ein reif geborenes Kind mit Geburtsstillstand in der Austreibungsperiode. Bei kindlicher Beeinträchtigung wurde eine VE indiziert. Postnatal zeigte sich eine ausgeprägte Geburtsgeschwulst am Occiput mit tastbarer zirkulärer Stufe. Das Kind musste im Alter von 5 Stunden bei zunehmender respiratorischer Innsuffizienz aufgrund von Apnoen intubiert und beatmet werden. Bei der Standard-Ultraschalluntersuchung des Kopfes waren verstrichene Seitenventrikel sowie enge äußere Liquorräume nachweisbar. Die transkranielle Untersuchung von der Gegenseite konnte, bei signifikantem Hb-Abfall, ein subdurales Hämatom sowie einen Kalottenausriß nachweisen. Dieser Befund konnte im CT verifiziert werden.

Im Verlauf kam es zu fokal-neurologischen Symptomen, die im Weiteren sistierten. Nach Extubation am 7. Lebenstag konnte das Kind im Alter von drei Wochen nach Hause entlassen werden. Die Ausrißfraktur blieb als wachsende Fraktur bestehen. Im Alter von 1–2 Jahren traten therapiebedürftige BNS-Krämpfe auf. Mit vier Jahren bestand eine spastische Hemiparese und eine mentale und statomotorische Retardation.

Patient 2: Es handelt sich um ein reif geborenes dystrophes Kind, welches bei HELLP-Syndrom der Mutter und kindlichen Herztonalterationen durch VE geboren wurde. Postnatal fiel eine links-occipitale Schwellung nach Vakuumextraktion auf. In den ersten Lebenstagen kam es bei der Patientin zu rezidivierendem Erbrechen und Somnolenz. Bei der Standard-Ultraschalluntersuchung zeigten sich enge innere und äußere Liquorräume. Bei der transkranielle Untersuchung stellte sich eine Diskontinuität der Kalotte unter der Vakuummarke und eine Epiduralblutung links dar. Eine Kernspintomographie bestätigte diesen Befund und zeigte außerdem eine kleine subdurale Blutung kontralateral. Im Verlauf kam es zu deutlichen Besserung des klinischen Befundes, so dass der Patient ohne weitere Intervention im Alter von 7 Tagen nach Hause entlassen werden konnte. Im Alter von 7 Monaten konnten keine neurologischen Auffälligkeiten nachgewiesen werden.

Schlussfolgerung: Eine routinemäßig durchgeführte Ultraschalluntersuchung des kindlichen Kopfes sollte nach Vakuumextraktion die transkranielle Untersuchung mit einschließen, da ansonsten die Gefahr besteht, wichtige Befunde wie epi- oder subdurale Blutungen sowie Frakturen zu übersehen.