Zentralbl Gynakol 2004; 126 - 15_086
DOI: 10.1055/s-2004-828867

Leitlinien – DMP – zertifizierte Brustzentren: Qualitätsentwicklung in Hessen

US Albert 1, K Bock 1, V Duda 1, C Jackisch 1, M Kalder 1, L Zwiork 1, T Behr 1, R Engenhart-Cabillic 1, KJ Klose 1, R Moll 1, A Neubauer 1, M Hoffmann 2, H Niebuhr 2, V Assmann 3, P Dreyer 4, LG Scharf 5, L Trolp 6, KA Kuhn 1, U Wagner 1
  • 1Klinikum der Philipps-Universität Marburg
  • 2die Mitglieder der Qualitätszirkel Mammadiagnostik und Mammakarzinom
  • 3Kreiskrankenhaus Frankenberg
  • 4Kreiskrankenhaus Bad Berleburg
  • 5Stadtkrankenhaus Korbach
  • 6Schwalm-Eder-Kliniken Homberg/Efze

Die Brustkrebserkrankung stellt bei steigender Inzidenz eine der bedeutsamsten frauenspezifischen Gesundheits- und Krankheitsversorgungsprobleme in Deutschland dar. In den letzten Jahren konnte die Mortalität durch neue diagnostische und therapeutische Möglichkeiten auch in Deutschland weiter gesenkt werden, doch besteht ein gravierendes Versorgungsproblem mit Fehl- Unter- und Überversorgung bei heterogener Ausprägung in ländlichen und städtischen Regionen wie der Sachverständigenbericht 2001 auswies.

Die entwickelten Konzepte zur Problemlösung umfassen:

  • als Basis die Erstellung und Umsetzung hochqualifizierter Stufe-3- Leitlinien

  • die Kompetenzsteigerung durch qualifizierte Schwerpunktbildung in Brustzentren mit Zertifizierungsmaßnahmen unter Berücksichtung von Qualitätsmanagement (IS0 9001:2000, KTQ u.ä) in Kombination mit Maßgaben der inhaltlichen Ausgestaltung durch die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) und die Deutsche Gesellschaft für Senologie (DGS)

  • die Etablierung von sektorübergreifenden Disease-Management-Programmen (DMP), die ein Mindestmaß an Qualität flächendeckend absichern.

Unter Beachtung der regionalen ländlichen Versorgungsstruktur in Hessen erschien der Aufbau eines regionalen Kompetenznetzwerkes unter Einbindung der bereits existierenden regionalen Versorgungsstrukturen als zielführend. Hierzu wurde ein interdisziplinäres Brustzentrum nach den Maßgaben des Qualitätsmanagements nach IS0 9001:2000 und den medizinisch-inhaltlichen Zertifizierungsanforderungen der DKG/DGS als Referenzzentrum eingerichtet, dass die Umsetzung leitlinienkonformer Versorgung, als flächendeckende Versorgungsqualität in einem Brustkompetenznetzwerk als „Regio-Konzept“ absichert. Verbindliche Kooperationen wurden einerseits mit niedergelassenen Vertragspartnern geschlossen, für eine leitlinienkonforme, sektorübergreifende Qualitätssicherung zur Diagnostik und Nachbehandlung, andererseits wurden regionale Kooperationskrankenhäuser mit der entsprechenden Kommunikationsstruktur integriert, die gemeinsam letztendlich die Region als Gesamtzentrum abbilden.

In der praktischen Umsetzung bedeutet das: klare Vorgaben zur leitlinienkonformen Qualität von Früherkennung, Diagnostik, Therapie, Rehabilitation und Nachsorge, verbindliche Teilnahme an fachübergreifenden, multidisziplinären Tumorkonferenzen und Einbringung aller regionaler Brustkrebsfälle, Abstimmung der Leistungsprozesse zwischen Klinik und niedergelassenen Ärzten, Transparenz von Leistungen durch standardisierte Dokumentation für alle beteiligten Ärzte und Patientinnen. Die kontinuierliche Weiterbildung und Qualitätsentwicklung durch angeschlossene multidisziplinäre und multiprofessionelle Qualitätszirkel schließt den Ring mit Rücklauf der Patientinnen innerhalb des Nachsorgenetzwerkes, dass den leitlinienkonformen Stand der Versorgung durch Dokumentation und Qualitätsmanagement flächendeckend, auch in den dünnbesiedelten Orten der Region ermöglicht.

Da bisher in Deutschland keine Vorerfahrungen mit regional umfassenden, transsektoralen Versorgungsstrukturen und der Implementierung von Leitlinien bestehen, ist das vorliegen Konzept des zertifizierten „Brustzentrum Regio“ Bestandteil eines Versorgungsforschungsprojektes zur Überprüfung in wie weit die Leitlinienimplementierung mit Aufbau eines derartigen Versorgungsnetzes die Behandlung und klinische Ergebnisrelevanz einschließlich der Lebensqualität für die Patientin auch in ländlichen Regionen gegenüber städtischen Regionen verbessert werden kann.