Zentralbl Gynakol 2004; 126 - 8_079
DOI: 10.1055/s-2004-828860

Kann Qualitätssicherung Qualität sichern? – Die Perinatalerhebung als Steuerungsinstrument klinischer Abläufe am Beispiel höhergradiger Dammrisse

F Woernle 1, W Stein 1, S Schmidt 1
  • 1Klinik für Geburtshilfe und Perinatalmedizin der Philipps-Universität Marburg

Fragestellung: Erklärtes Ziel der externen bundesweiten Qualitätssicherung ist die Steuerung der Qualitätsentwicklung über einen „strukturierten Dialog“. Kann dieser Dialog über die gezielte Rückkopplung statistisch auffälliger Ergebnisse die Entwicklung von geburtshilflichen Qualitätsindikatoren positiv beeinflussen?

Methode: Der Qualitätsindikator „Dammriss III./IV. Grades“ des eigenen Patientengutes der Jahre 2001 und 2002 wurde hinsichtlich Durchführung und Schnittführung einer Episiotomie (keine, median, mediolateral) sowie Entbindungsmodus (spontan, vaginal-operativ) detailliert evaluiert und mit den bundesweiten Daten verglichen. Anhand der Ergebnisse des Jahres 2001 wurde eine interne Mitarbeiterfortbildung durchgeführt. Anschließend wurden die Ergebnisse beider Jahre miteinander verglichen.

Ergebnisse: Der Anteil höhergradiger Dammrisse (III und IV) an allen vaginalen Entbindungen unseres Patientenkollektives betrug im Jahre 2001 3,8% (BRD 1,9%). Bezogen auf alle Entbindungen mit Anlage einer Episiotomie betrug diese Rate im Jahr 2001 6,9% (BRD 3,4%). Die genaue Evaluation dieser Zahlen ergab, dass höhergradige Dammrisse vor allem in Zusammenhang mit der Anlage einer medianen Episiotomie im Rahmen einer vaginal-operativen Entbindung aufgetreten waren. Der Anteil medianer Episiotomien lag in unserem Kollektiv bei 36,9% (BRD 12,0%), die mediolaterale Schnittführung bei 13,6% (BRD 29,2%); vaginal-operative Entbindungen wurden bei 10,0% (BRD 6,2%) der reifen Einlinge in Schädellage durchgeführt.

Nach interner Fortbildung und Diskussion dieser Ergebnisse sank im Jahr 2002 der Anteil höhergradiger Dammrisse auf 2,2% (BRD 1,8%), bzw. bezogen auf Entbindungen mit Anlage einer Episiotomie auf 4,1% (BRD 3,3%).

Schlussfolgerung: Die gezielte Rückkopplung auffälliger Ergebnisse der Perinatalerhebung und die genaue Evaluation kliniksinterner Gepflogenheiten kann die Qualitätsentwicklung einer geburtshilflichen Klinik positiv beeinflussen. Zudem kann die Rückmeldung positiver Ergebnisse und Entwicklungen das geburtshilfliche Team in seiner Tätigkeit bestärken und motivieren. Beim Vergleich unserer mit den bundesdeutschen Daten muss die Frage der Reliabilität der Vergleichsdaten mit bedacht werden.