Zentralbl Gynakol 2004; 126 - 11_025
DOI: 10.1055/s-2004-828806

Vulvadiagnostik

HF Nauth 1
  • 1Zytologisches Laboratorium, Stuttgart

Obwohl die meisten Vulvaerkrankungen mit relativ einfachen klinischen Methoden diagnostizierbar sind, werden viele Läsionen aus mangelhafter Erfahrung oft übersehen oder falsch eingeschätzt, möglicherweise auch deshalb, weil sich in diesem Bereich die Kompetenzen von Gynäkologie und Dermatologie überschneiden.

Folgende Untersuchungsmethoden gehören heute zur Standarddiagnostik:

Anamnese: Hierbei ist die Bestandsdauer einer Läsion, die klinischen Leitsymptome (z.B. Pruritus) und die Feststellung von Begleiterkrankungen (z.B. Diabetes, Psoriasis, etc.) wichtig.

Inspektion: Viele Erkrankungen haben ein typisches Erscheinungsbild (z.B. Ekzem, Dystrophie, Bartholinitis), andere sind schwerer interpretierbar und können optische Variationen zeigen (z.B. chronische Entzündungen, Kondylome, Präkanzerosen, Karzinome).

Kolposkopie: Mithilfe der Lupenvergrößerung können Farbe, Ausdehnung und Niveau von Veränderungen besser beurteilt werden als mit bloßem Auge. Dabei kann die Essigprobe ähnlich erfolgreich wie an der Portio eingesetzt werden.

Toluidinblauprobe: Para- und dyskeratotische Verhornung tritt bei einer Vielzahl von Erkrankungen auf und kann mithilfe des sog. Collinstests semiquantitativ sichtbar gemacht werden, wodurch sich Aufschluss über die Dignität ergeben kann.

Infektionsdiagnostik: Sie dient hauptsächlich dem Erregernachweis und wird mithilfe des Phasenkontrastmikroskops durchgeführt. Ergänzend können kulturelle oder serologische Methoden zum Einsatz kommen (z.B. bei Verdacht auf HPV, Herpes, Lues, etc).

Exfoliativzytologie: Sie dient teilweise ebenfalls dem Erregernachweis, hauptsächlich jedoch der Karzinomfrüherkennung. Aufgrund spezieller morphologischer Malignitätskriterien, die sich von denen der Zervixzytologie unterscheiden, sind heute relativ zuverlässige Aussagen über die Dignität möglich.

Biopsie: Bei der histologischen Abklärung unklarer Vulvaläsionen ist die Stanzbiopsie der Knipsbiopsie vorzuziehen, da sie eine bessere morphologische Beurteilung der Gewebeprobe erlaubt. Die Klassifikation vieler Erkrankungen wurde in den letzten Jahren mehrfach modifiziert, so dass die histologische Begutachtung möglichst durch dermatopathologisch versierten Kollegen erfolgen sollte.

Mit dem Einsatz der genannten Methoden können die meisten Vulvaerkrankungen in der normalen oder einer spezialisierten gynäkologischen Sprechstunde erkannt und entsprechen behandelt werden. Trotzdem gibt es eine kleine Zahl von Befunden, die ausgesprochen schwer interpretierbar sind und gegebenenfalls ein dermatologisches Konsil erfordern.