Gesundheitswesen 2004; 66 - 44
DOI: 10.1055/s-2004-825085

Evaluation der Planung von Eingliederungshilfen

H Elgeti 1
  • 1Sozialpsychiatrische Poliklinik der Medizinischen Hochschule Hannover

Das Forschungsprojekt zur Evaluation der Planung von Eingliederungshilfen bezieht sich auf alle Planungsvorgänge in der Region Hannover im Jahre 2001. Es wurde im Auftrag der Landeshauptstadt und des Landkreises Hannover durchgeführt, die Ende 2001 die Region Hannover gegründet haben. Ziel war die Überprüfung einer neuen Verfahrensregelung der Hilfeplanung für seelisch behinderte Personen. Danach soll der Hilfebedarf vor Antritt der Maßnahme im Rahmen einer Hilfekonferenz unter Beteiligung des Hilfeempfängers und der für ihn zuständigen Betreuungspersonen festgestellt werden. Der Sozialpsychiatrische Dienst steuert den Planungsprozess und soll eine multidisziplinäre Zusammensetzung der Hilfekonferenz gewährleisten. Alle Unterlagen wurden bei der zentralen Verwaltungsstelle im Gesundheitsamt gesammelt und für das Forschungsprojekt in Kopie zur Verfügung gestellt.

Die psychiatrische Versorgung in der 1,15 Millionen Einwohner umfassenden Region Hannover basiert seit über 25 Jahren auf dem Sektorprinzip. 4 Kliniken teilen sich die Zuständigkeit für die Krankenhausbehandlung. Neun Beratungsstellen des Sozialpsychiatrischen Dienstes erfüllten im Jahre 2001 für jeweils einen Sektor die Aufgaben des Niedersächsischen Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke. Im Rahmen der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Personen existierten 2001 pro 100.000 Einwohner 35 Plätze im Ambulant betreuten Wohnen, 11 Plätze in Tagesstätten und 53 Plätze in therapeutischen Wohnheimen bzw. Wohngruppen. Darüber hinaus wird eine bisher unbekannte Anzahl von Bewohnern psychiatrischer Pflegeheime in der Region über Maßnahmen der Eingliederungshilfe betreut.

In die Untersuchung wurden 524 Patienten mit insgesamt 570 Hilfeplanungsvorgängen aufgenommen. Nur selten wurde der Hilfebedarf erst nach Beginn der Maßnahme festgestellt, fast immer nahmen die Betroffenen selbst an der Hilfekonferenz teil. Bei den Hauptdiagnosen der Patienten handelte es sich in 43% der Fälle um Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, bei 22% um Suchterkrankungen und in 14% um Persönlichkeitsstörungen. Männer sind mit einem Anteil von 57% häufiger betroffen und unterliegen einem deutlich höheren Psychosozialen Risiko als Frauen (Berechnung des Risikos aus jeweils 3 Merkmalen zur Schwere und Chronizität der Erkrankung sowie zum Ausmaß der sozialen Ausgrenzung bei den Betroffenen). Empfehlungen zur stationären Eingliederung erfolgten in 40% der Fälle, bei Neuplanungen waren es 45%.

Hilfekonferenzen fördern die zielgenaue Vermittlung von Eingliederungshilfen. Die Häufigkeit der Hilfeplanungen, der Anteil von Empfehlungen zur stationären Eingliederung und das Psychosoziale Risiko der Hilfeempfänger variiert allerdings zwischen den jeweiligen Einzugsgebieten der Kliniken und den Versorgungssektoren der Beratungsstellen. Gründe dafür liegen in Unterschieden der Sozialstruktur in den Einzugsgebieten, im Entwicklungsniveau wohnortnaher Hilfsangebote mit ambulanter Schwerpunktbildung, aber auch in einer ungleichmäßigen Praxis der Hilfeplanung vor Ort. Verschiedene Indikatoren zur Prozessqualität der Planung von Eingliederungshilfen eignen sich als Ansatzpunkte für ein benchmarking dezentral organisierter Entscheidungsprozesse und auch ein gesundheitsökonomisch bedeutsames Fallzahl-controlling im Sozialpsychiatrischen Verbund. Vorgeschlagen wird die Einrichtung einer gemeinsamen Geschäftsstelle des Sozialhilfeträgers und des Sozialpsychiatrischen Dienstes für die Planung von Eingliederungshilfen. Das Planungsverfahren sollte in Zukunft auf Grundlage vereinfachter Formulare und präzisierter Vorgaben fortlaufend überprüft werden.