Laryngorhinootologie 2004; 83 - 19_6
DOI: 10.1055/s-2004-823571

Mittelohrschwerhörigkeit und Sprachentwicklung

R Schönweiler 1
  • 1Univ. HNO-Klinik

Mittelohrschwerhörigkeiten durch Tubenbelüftungsstörungen sind bei Kindern typischerweise „nur“ geringradig ausgeprägt und treten wechselseitig auf. Daher wird diskutiert, ob geringgradige und wechselseitige Mittelohrschwerhörigkeiten den Spracherwerb negativ beeinflussen. Dazu sind zwischen 1967 und 2003 über 130 Publikationen erschienen. Da die Ergebnisse widersprüchlich sind, fällt es HNO-Ärzten schwer, Schlussfolgerungen für eigene Behandlungsstrategien abzuleiten, die Möglichkeiten der Nulltherapie bis hin zur Adenotomie mit Einlage von Paukenröhrchen–sogar im Ersteingriff–umfassen.

Die Literatur wurde im Sinne einer Übersichtsarbeit hinsichtlich der Kriterien Korrelation und Kausalität bewertet.

Es stellten sich erhebliche methodische Unterschiede zwischen den Studien heraus. Die betrafen 1. die Auswahl und den Umfang der Stichproben, 2. die Klassifikation der Kinder in „normalhörig“ und „schwerhörig“, 3. die Berücksichtigung sozialmedizinischer Komorbiditäten, 4. die Qualität der Sprachuntersuchungen und 5. das Studiendesign. Diese methodischen Unterschiede scheinen für die scheinbar widersprüchlichen Korrelationen verantwortlich zu sein. Untersuchungen zur Kausalität sprechen einheitlich eher dafür als dagegen, dass sich Mittelohrschwerhörigkeiten negativ auf den Spracherwerb auswirken, besonders, wenn bei einem Kind weitere Komorbiditäten oder soziale Nachteile vorliegen. Dies ist in der Praxis für die Indikation operativer Behandlungen zu berücksichtigen.