RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-2004-822645
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Entwicklung und Zukunftsperspektiven moderner Wundbehandlung mit der Vakuumversiegelungstechnik
Design and Prospects of Modern Wound Treatment with the Techniques of Vacuum ClosurePublikationsverlauf
Publikationsdatum:
28. Mai 2004 (online)
Das Verständnis über die pathophysiologischen Vorgänge bei akuten und chronischen Wunden ist immer noch sehr gering. Moderne Konzepte der Wundbehandlung sind heute nicht mehr allein auf okklusive Verbände zu reduzieren und unterschiedliche lokale Behandlungskonzepte wurden in den letzten Jahren mit unterschiedlichem Erfolg entwickelt und eingesetzt. Eine erhebliche sozio-ökonomische Bedeutung kommt der raschen Wundbettkonditionierung im ambulanten und stationär-klinischen Bereich zu, um eine beschleunigte Abheilung oder frühzeitige Defektdeckung der Wunden zu erreichen.
Unter den apparativ-physikalischen Methoden nimmt nicht nur in der Plastischen Chirurgie und Handchirurgie, sondern in nahezu allen chirurgischen Fächern, einschließlich der Dermatologie und der konservativen Medizin, die Vakuumversieglungstechnik (V.A.C.®) eine bedeutsame Erweiterung der Behandlungsmöglichkeiten für Wunden aller Art dar.
Die drei Prinzipien der Wundbettkonditionierung (scharfes Débridement, Exsudatmanagement und Kontrolle der bakteriellen Besiedelung) werden durch die Kombination der V.A.C.® mit einem operativen, scharfen und extensiven Débridement erfüllt.
Die Verbandswechsel sind nur in Abständen zwischen drei und sieben Tagen notwendig und erhöhen den Patientenkomfort ungemein. Kontinuierliche und auch ondulierende Soganlagen sind möglich. Die Vakuum-Installationstechnik (über eine spezielles „drug delivery system”) ermöglicht es, z. B. lokale Antiseptika oder andere topisch wirkende Substanzen auf die Wunde aufzubringen (intermittierende Wundlavage) um Infektsituationen besser zu beherrschen. Akute Weichteildefektwunden (auch mit frei liegendem Knochen, Knochenbrüche, Sehnen, Gefäßen und Gelenken) werden schon bei der ersten Operation (vorwiegend in der Traumatologie) mit der V.A.C.® verschlossen und ermöglichen dadurch ein weiteres organisiertes Therapiekonzept, ohne der großen Gefahr einer Wund- oder Knocheninfektion. Die Einheilungsraten von Transplantaten scheint deutlich höher zu sein, ebenso wie mit Hautersatzprodukten.
Komplexe, schwere Infekt- und Defektsituationen in nahezu allen Teilen des Körpers scheinen mit dieser Technik in Zukunft besser beherrschbar zu sein, um Wirkstoffe vor Ort zu bringen (z. B. intraabdominal, intraspinal usw.), Ödeme zu reduzieren und die Wundheilung massiv zu beschleunigen. Das Abdomen apertum, nekrotisierende (ödematöse) Pankreatitiden, Fistelsysteme im gesamten Abdominaltrakt (z. B. nach Anastomoseninsuffizienzen bei Operationen am Ösophagus) und weitere septische Krankheitsbilder sind jetzt schon für diese Therapie in begrenzter Art denkbar und zugänglich, wobei Erfahrungen in einzelnen Fällen vorliegen.
In unserer Abteilung wurden in den letzten fünf Jahren erweiterte Einsatzmöglichkeiten dieses Wundverbandes entwickelt und versucht diese weltweit zu implementieren. Chronische Wunden bedürfen einer differenzierten Anwendung, um einen sicheren Heilerfolg zu erzielen, dabei kommt die V.A.C.® für die Fixierung von Hauttransplantaten und -ersatzmaterialien als postoperativer Schutz zur beschleunigten und sicheren Einheilung zur Anwendung. Weitere Einsatzmöglichkeiten ergeben sich bei Lappenplastiken, bei Verbrennungen und zur Reduktion massiver Schwellungszustände (z. B. bei Knochenbrüchen). Komplexe Problemwunden sind mit speziellen Versiegelungstechniken zu versorgen und unterstützen das chirurgische Vorgehen in vielfacher Hinsicht. In der Handchirurgie erfolgt das Management der Weichteile bei schweren Hand- und Armverletzungen sowie Infektionen fast ausschließlich durch die V.A.C.®. Es wurde in Kooperation mit der Neurochirurgischen Klinik der Universität Würzburg an zwei Patienten die Vakuumversiegelungstechnik am offenen Wirbelkanal eingesetzt und ein sekundärer Wundverschluss infektfrei erreicht. Die sichere Fixierung und Einheilung eines Hauttransplantates zur kompletten Rekonstruktion der Penisschafthaut bei einem Patienten erfolgte durch eine modifizierte Versiegelungstechnik, komplexe Verletzungen an nahezu allen Körperteilen (z. B. Ohren, Finger usw.) können mit der V.A.C.® versorgt werden.
Die Vakuumversiegelungstechnik erweitert das Spektrum zur Behandlung von Weichteildefekten nicht nur an der Köperoberfläche, sondern im gesamten Körper und stellt (nicht nur in der Plastischen Chirurgie und Handchirurgie) an unserer Chirurgischen Klinik zwischenzeitlich ein herausragendes Konzept mit hoher Patienten- und Pflegeakzeptanz dar, nicht zuletzt, weil sich ungeahnte Erweiterungsmöglichkeiten bieten.
Dr. med. Ulrich E. Ziegler
Plastische Chirurgie und Handchirurgie · Chirurgische Universitätsklinik
Oberdürrbacher Straße 6
97080 Würzburg
Telefon: 09 31-20 11
eMail: ulrich.ziegler@mail.uni-wuerzburg.de