Geburtshilfe Frauenheilkd 2004; 64(10): 1061-1067
DOI: 10.1055/s-2004-821296
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Molekulargenetische und plasmatische Untersuchungen des Gerinnungssystems bei Frauen mit habitueller Abortneigung

Evaluation of the Prevalence of Haemostatic Abnormalities and Hypercoagulation Mutations in Women with a History of Recurrent Spontaneous AbortionsS. Bussen1 , L. Mulfinger1 , T. Frambach1 , T. Steck2 , J. Dietl1
  • 1Universitäts-Frauenklinik Würzburg
  • 2Frauenklinik des Klinikum Chemnitz
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. Oktober 2004 (online)

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Zusammenfassung

Fragestellung: Ziel der Untersuchung war es, die Prävalenz von Gerinnungsstörungen bei Patientinnen mit drei oder mehr aufeinander folgenden, spontanen Frühaborten zu evaluieren. Zusätzlich sollte ein möglicher Zusammenhang zwischen dem Vorliegen von Antiphospholipid-Autoantikörpern und einer hereditären Thrombophilie bei Frauen mit habituellen Aborten untersucht werden.

Material und Methodik: Bei 20 Patientinnen mit habitueller Abortneigung wurden die folgenden plasmatischen Gerinnungsuntersuchungen durchgeführt: Prothrombinzeit nach Quick, aktivierte Thromboplastinzeit (aPTT), Protein S, Protein C, Antithrombin III, Fibrinogen und Plasminogen. Zusätzlich erfolgte eine molekulargenetische Analyse zum Nachweis der Faktor-V-Leiden-Mutation und der Faktor-II-G20210 A-Mutation sowie eine serologische Untersuchung auf Antiphospholipid-Autoantikörper. Das Kontrollkollektiv bestand aus 20 gesunden Probandinnen ohne Abortanamnese mit mindestens einer unkomplizierten Schwangerschaft.

Ergebnisse: Die Prävalenz der untersuchten Gerinnungsstörungen betrug 10 % (2/20 Patientinnen) im Studienkollektiv bzw. 15 % (3/20 Patientinnen) im Kontrollkollektiv. Für keinen der plasmatischen Gerinnungsparameter konnte ein signifikanter Unterschied zwischen der Studien- und der Kontrollgruppe nachgewiesen werden. Beim Nachweis von Faktor-II- oder Faktor-V-Mutationen zeigte sich kein gehäuftes Auftreten in einem der beiden untersuchten Kollektive. Ein Einfluss des Antiphospholipid-Autoantikörper-Status auf die Prävalenz hereditärer Gerinnungsstörungen konnte nicht beobachtet werden.

Schlussfolgerung: Basierend auf diesen Ergebnissen erscheint der Nutzen eines gezielten Screenings auf hereditäre Gerinnungsstörungen einschließlich molekulargenetischer Techniken bei Patientinnen mit habitueller Abortneigung ohne positive Familienanamnese fragwürdig.

Abstract

Purpose: This study was undertaken to evaluate the incidence of haemostatic abnormalities and hypercoagulation mutations in women with a history of three or more consecutive spontaneous abortions and to investigate the influence of the antiphospholipid autoantibody status.

Material and Methods: 20 non-pregnant habitual aborters were analysed for prothrombin time, activated partial thromboplastin time, fibrinogen, plasminogen, protein S, protein C, antithrombin III, and antiphospholipid autoantibodies. Genetic analysis was performed to detect factor V Leiden mutation and factor II G20210A mutation. Twenty healthy non-pregnant multigravidae served as controls.

Results: The incidence of haemostatic abnormalities or of factor II or V Leiden mutations did not differ significantly between women with a history of recurrent spontaneous abortion and controls. In 9 of 20 women with recurrent spontaneous abortions antiphospholipid autoantibodies (APA) were detectable. APA-positive and APA-negative study patients revealed similar results with respect to the investigated coagulation values

Conclusion: According to our observations a general screening for hereditary coagulation disorders or hypercoagulation mutations should not be included in the routine work-up of women with a history of recurrent spontaneous abortions unless there is a history of familiar thrombophilia.