Exp Clin Endocrinol Diabetes 2004; 112 - P31
DOI: 10.1055/s-2004-819149

Erhöhter Thyroxinbedarf bei einer schilddrüsengesunden, hypophysenoperierten Frau bei gleichzeitiger Östrogentherapie

TD Wiesner 1, R Paschke 1
  • 1Medizinische Klinik III, Universität Leipzig

Hypothyreote Frauen haben einen erhöhten Thyroxinbedarf, wenn sie eine Östrogentherapie erhalten. Als Ursache wird eine östrogen-induzierte Erhöhung des Thyroxinbindenden Globulins (TBG) durch erhöhte Sialylierung des Proteins und somit verlangsamte Clearance angenommen. Bei schilddrüsengesunden Frauen kommt es im Gegensatz bei exogener Östrogengabe zu einer schnellen Adaption des östrogen-bedingten TBG Anstiegs und somit zu keinem erhöhten Thyroxinbedarf.

Fall: Eine 34-jährige Patientin befindet sich seit 1996 wegen eines Makroprolaktinoms in unserer endokrinologischen Betreuung. Im Oktober 1996 erfolgte die transphenoidale Resektion des Tumors mit sich in Folge entwickelnder gonadotroper Insuffizienz. Diese wird seit Mai 1999 mit Estradiol 2mg / d therapiert. Die Prolaktinwerte sind seit Dezember 1997 im Normbereich, seit Januar 2002 ohne Therapie mit Dopaminagonisten.

Im Verlauf kam es zu einem stetigen Abfall der freien Thyroxinwerte unter den unteren Normbreich mit hypothyreoten Symptomen, sodass wir uns im Juli 2003 zur Substitution mit L-Thyroxin entschlossen.

Fazit: Wie von Arafah (1) gezeigt, haben Frauen mit Hypothyreose nach Thyreoiditis oder Thyreoidektomie einen erhöhten Thyroxinbedarf bei gleichzeitiger Östrogentherapie. Gesunde Frauen hingegen zeigen eine schnelle Adaption an östrogeninduzierte TBG Erhöhungen. Der vorliegende Fall illustriert jedoch, dass es auch bei einer schilddrüsengesunden Frau (normaler TRH Test, keine SD Antikörper, normale SD Sono) nach erfolgter Hypophysenoperation und Östrogentherapie zu einer peripher hypothyreoten Stoffwechsellage kommen kann. Eine mögliche Erklärung dieses Phänomens ist höchstwahrscheinlich eine trotz normalen TRH Testes (Δ TSH=11mU/l) eingeschränkte TSH-Sekretion der Resthypophyse. Bei der Betreuung von hypophysenoperierten Patienten mit gleichzeitiger Östrogentherapie sollten daher zukünftig Veränderungen des Schilddrüsenhormonhaushaltes engmaschig kontrolliert werden.

(1) Arafah NEJM; 344(23):1743–9; 2001