DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2004; 2(01): 9
DOI: 10.1055/s-2004-818827-2
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Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co.KG Stuttgart

Kommentar

Roger Seider
Alter Uentroper Weg 62, 59071 Hamm
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29 April 2004 (online)

Kommentar

Heutige Osteopathen sehen sich gerne in der kontinuierlichen Tradition A.T. Stills. Insbesondere diejenigen, die sich der Arbeit mit den Faszien verschrieben haben, zitieren genüsslich Passagen aus den Werken des alten Meisters, um ihre Ansichten zu untermauern. Hier setzt diese Arbeit ein großes Fragezeichen. Wie gesichert ist der historische Boden, auf dem wir meinen, uns zu bewegen?

Der Ansatz, einerseits Stills Schriften im historischen Kontext zu sehen und andererseits das Verständnis erfahrener heutiger Osteopathen durch eine Fragebogenaktion dazu in Bezug zu setzen, ist reizvoll. In Hinblick auf die Aussagen zur apodiktischen evangelikalen Rhetorik Stills bleiben jedoch noch Zweifel, da keine allgemeine Untersuchung gerade dieser Rhetorik im beginnenden 20.Jahrhundert vorgenommen wurde. In der Arbeit werden lediglich Textstellen als Beleg angeführt. Eine sprachwissenschaftliche Untersuchung hätte nach Aussagen von Frau Stark den Rahmen der Arbeit gesprengt. Sie arbeitet jedoch an einem Buch über Stills Einstellung zu den Faszien. Man darf auf diese Darstellung im größeren Rahmen gespannt sein.

Es tut gut, vermeintlich gesicherte Erkenntnisse gelegentlich einmal gegen den Strich zu bürsten. Geschieht dies in einer so weitgehend überzeugenden Weise wie in diesem Text, so ist dies eine Gelegenheit, innezuhalten und einmal nachzudenken. Der Begriff der Faszien, wie er heute verwendet wird, hat sich offensichtlich gewandelt. Das kann, muss aber durchaus nicht immer ein Vorteil sein.

Darüber hinaus bietet die Arbeit eine Anregung, wie eine nicht-experimentelle Studie aufgebaut sein kann. Die Schriften der "Oldtimer" bieten einen großen Schatz, der darauf wartet, zum Nutzen aller Osteopathen gehoben zu werden.

Roger Seider