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DOI: 10.1055/s-2004-813436
© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Definition und Diagnostik der akuten und chronischen Hepatitis B
Definition and Diagnosis of Acute And Chronic Hepatitis BPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
16. August 2004 (online)
Definition der Hepatitis B
Akute Hepatitis B
Erstmals aufgetretene Leberentzündung durch Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) und dem biochemischen Nachweis einer Leberzellschädigung.
Chronische Hepatitis B
Leberentzündung durch Infektion mit dem HBV (Persistenz von HBsAg) und dem biochemischen oder pathohistologischen Nachweis einer Leberzellschädigung über mehr als sechs Monate.
Konsens
Die virologisch-serologische Diagnostik einer akuten Hepatitis B umfasst den Nachweis von HBsAg, Anti-HBc (gesamt und IgM) und HBeAg und ggf. Anti-HBe. Die Untersuchung von Anti-HBc-IgM und HBV-DNA (qualitativ) sind die Methoden der Wahl zum Nachweis einer akuten HBsAg-negativen Hepatitis B (ca. 5 % aller akuten HBV-Infektionen) (B).
Die Diagnostik einer chronischen Hepatitis B erfordert sinnvoll aufeinander abgestimmte Schritte. Diese umfassen den Nachweis von HBsAg und Anti-HBc (gesamt), HBeAg und gegebenenfalls HBV-DNA (quantitativ) (A).
Erläuterung
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HBsAg wird mithilfe von Enzymimmunoassays mit hoher Spezifität und Sensitivität (Nachweisbarkeitsgrenze von 0,2 ng/ml, entsprechend 0,05 U/ml PEI Standard) bestimmt [1] [2].
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Der Nachweis von Anti-HBc-gesamt (IgM + IgG) ist ein Marker einer stattgefundenen Infektion mit HBV. Der häufig verwendete Kompetitionstest weist beide Immunglobulinklassen nach. Anti-HBc-IgM in hoher Konzentration ist ein zusätzlicher Marker für eine akute Hepatitis B. Eine Quantifizierung von Anti-HBc-IgM zur Differenzierung einer akuten und chronischen Hepatitis mit akutem Schub kann sinnvoll sein [3] [4] [5].
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Die Bestimmung von HBeAg bzw. Anti-HBe ist eine sinnvolle Methode, um die Diagnostik der akuten und chronischen Hepatitis B zu erhärten und eine Aussage zur Infektiosität des Patienten zu treffen. Der Nachweis von HBeAg spricht für hohe Infektiosität des Patienten, ein negatives HBeAg schließt sie nicht aus.
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Wird die erste Serumuntersuchung relativ spät nach Beginn der klinischen Symptomatik durchgeführt, kann HBsAg nicht mehr nachweisbar sein. Während einer akuten Hepatitis werden die Anti-HBc-IgM-Antikörper in sehr hoher Konzentration gefunden und fallen mit der Ausheilung ab. Allerdings kann ein positives Anti-HBc-IgM mit niedrigen Antikörperkonzentrationen auch auf eine Exazerbation einer chronischen Hepatitis B zurückzuführen sein [3] [4].
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Ein falsch-positives HBsAg-Testergebnis (z. B. bei Anti-HBc-negativem Befund) kann meistens durch Neutralisation mit Anti-HBs (vom Hersteller empfohlener Bestätigungstest) ausgeschlossen werden.
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Bei einer akuten Hepatitis B mit HBsAg-positivem und HBeAg-negativem Befund ist eine Bestimmung der HBe-Mutanten nicht notwendig. Durch späte Abnahme des Serums nach Beginn der akuten Hepatitis B kann HBeAg schon nicht mehr nachweisbar sein. Da der mögliche Nachweis von HBe-Minusmutanten keine direkten therapeutischen Konsequenzen hat, ist eine entsprechende Untersuchung nicht sinnvoll. Die Bestimmung von HBe-Minusmutanten beschränkt sich auf Patienten mit chronischer Infektion [6].
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Aufgrund der hohen spontanen Ausheilung der akuten Hepatitis B bei Erwachsenen (95 %) ist eine Bestimmung der zellulären Immunantwort und Bestimmung der Kinetik der HBV-DNA-Konzentration oder HBsAg-Quantifizierung als prädiktiver Test für Ausheilung oder Persistenz nur angezeigt, wenn sich eine Chronifizierung (Persistenz von HBsAg) ankündigt.
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Patienten mit einer akuten Hepatitis B haben eine multispezifische und stark ausgeprägte T-Helfer- und CTL-Antwort. Bei Patienten mit chronischer Hepatitis B ist keine oder nur eine minimale zelluläre Immunantwort nachweisbar. Die Methoden sind aufwändig und stehen in vielen Laboratorien nicht zur Verfügung.
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Vor einer antiviralen Therapie sollen folgende virologisch-diagnostische Maßnahmen durchgeführt werden: HBsAg, HBeAg, Anti-HBe, quantitative HBV-DNA, Anti-HDV.
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Zum diagnostischen Vorgehen bei akuter und chronischer Hepatitis siehe auch Leitlinien der virologischen Diagnostik, Kapitel Hepatitis B [5].
Konsens
Die Quantifizierung der HBV-DNA ist bei chronischer Hepatitis B nur für die Therapieplanung und die Beurteilung der Infektiosität der Patienten bedeutsam (A).
Die Bestimmung der HBV-DNA ist in der Regel für die Diagnose einer akuten Hepatitis B nicht erforderlich, jedoch ratsam bei unklarem oder negativem HBsAg-Befund (A).
Erläuterung
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Es sind zurzeit verschiedene Methoden der HBV-DNA-Quantifizierung auf dem Markt. Die bDNA-Nachweise haben eine hohe Genauigkeit und Linearität im Bereich von 2000 - 10 × 107 Kopien/ml. Für niedrigere HBV-DNA-Konzentrationen ist die Quantifizierung mit der PCR die Methode der Wahl (Nachweisgrenze 200 Kopien/ml). Die Wahl der Methode ist abhängig von der Fragestellung, z. B. Therapiebedürftigkeit, Grad der Infektiosität etc. [7] [8].
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Bei Reaktivierung einer Hepatitis B werden oft Escape-Mutanten selektiert, die im HBsAg-Test wechselnd reagieren können, z. T. negativ oder nicht inhibierbar, d. h. scheinbar unspezifisch sind. Der Nachweis der Escape-Mutanten erfolgt mit der PCR und anschließender DNA-Sequenzierung.
Konsens
Eine Genotypisierung (Genotypen A-H) und eine Analyse auf HBV-Varianten sind nicht erforderlich (A).
Erläuterung
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Im Gegensatz zur Hepatitis C gibt es bei der Hepatitis B bisher wenige Hinweise, dass die Ansprechraten auf eine Lamivudin-Therapie vom Genotyp abhängig sind [9]. Nur für die in Europa selten angetroffenen HBV-Genotypen B und C gibt es Hinweise auf ein besseres Ansprechen des Genotyps B auf Interferon. Die Genotypisierung hat ihren Sinn in Bezug auf Bestimmung von Übertragungsketten und evtl. Bestimmung von weiteren Infektionsquellen. Auch wenn unterschiedliche kommerzielle Tests für Genotypbestimmungen angeboten werden, besteht derzeit kein Konsens, ob diese qualitativ ausreichend sind [10].
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Bei Immunsupprimierten, z. B. Transplantierten, werden schwere Verlaufsformen der chronischen Hepatitis mit dem Auftreten von Mutanten vor allem im Core-Gen beschrieben und deshalb kann eine HBV-DNA-Quantifizierung und Variantenanalyse sinnvoll sein [6].
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Aus vielen Studien ist belegt, dass ca. ein Jahr nach Beginn der Lamivudintherapie 15 - 30 % der Patienten YMDD-Mutanten aufweisen. Nach signifikantem Anstieg der HBV-DNA unter Lamivudinetherapie ist eine Untersuchung auf Anwesenheit der YMDD-Mutante sinnvoll [11] [12].
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Escape-Mutanten werden bei Koexistenz von HBV-DNA und Anti-HBs gefunden. Sie können bei Immunsuppression zu sehr hoher Virämie und bei Wegfall der Immunsuppression zu schwerer Hepatitis führen [6].
Literatur
- 1 Palmer D R, Perry K R, Mortimer P P. et al . Variation in the sensitivity of HBsAg screening kits. Transfus Med. 1996; 6 (4) 311-317 (IIb)
- 2 Weber B, Dengler T, Berger A. et al . Evaluation of two new automated assays for hepatitis B virus surface antigen (HBsAg) detection: Immulite HBsAg and Immulite 2000 HBsAg. J Clin Microbiol. 2003; 41 (1) 135-143 (IIb)
- 3 Colloredo G, Bellati G, Leandro G. et al . Quantitative analysis of IgM anti-HBc in chronic hepatitis B patients using a new “gray-zone” for the evaluation of “borderline” values. J Hepatol. 1996; 25 (5) 644-648 (IIa)
- 4 Colloredo M els G, Bellati G, Leandro G. et al . Role of IgM antibody to hepatitis B core antigen in the diagnosis of hepatitis B exacerbations. Arch Virol Suppl. 1993; 8 203-211 (Ib)
- 5 Haller O A, Mertens T. Diagnostik und Therapie von Viruskrankheiten: Leitlinien der Gesellschaft für Virologie. 1. Auflage. München; Urban und Fischer-Verlag 1999
- 6 Gunther S, Fischer L, Pult I. et al . Naturally occurring variants of hepatitis B virus. Adv Virus Res. 1999; 52 25-137 (review)
- 7 Gilbert N, Corden S, Ijaz S. et al . Comparison of commercial assays for the quantification of HBV-DNA load in health care workers: calibration differences. J Virol Methods. 2002; 100 37-47 (IIb)
- 8 Pawlotsky J M, Basie A, Hezode C. et al . Routine detection and quantification of hepatitis B virus DNA in clinical laboratories: performance of three commercial assays. J Virol Methods. 2000; 85 11-21 (IIb)
- 9 Zöllner B, Petersen J, Schäfer P. et al . Subtype-dependent response of hepatitis B virus during the early phase of lamivudine treatment. Clin Infect Dis. 2002; 34 (9) 1273-1277 (IIa)
- 10 Repp R. et al . Genotyping by multiplex polymerase chain reaction for detection of endemic hepatitis B virus transmission. J Clin Microbiol. 1993; 31 1095-1102 (IIb)
- 11 Papatheodoridis G V, Dimou E, Laras A. et al . Course of virologic breakthroughs under long-term lamivudine in HBeAg-negative precore mutant HBV liver disease. Hepatology. 2002; 36 (1) 219-226 (IIa)
- 12 Zöllner B, Schäfer P, Feucht H H. et al . Correlation of hepatitis B virus load with loss of e antigen and emerging drug-resistant variants during lamivudine therapy. J Med Virol. 2001; 65 (4) 659-663 (IIa)
- 13 Dienstag J L. The role of liver biopsy in chronic hepatitis C. Hepatology. 2002; 36 152-160 (Ia)
- 14 Marcellin P, Asselah T, Boyer N. Fibrosis and disease progression in hepatitis C. Hepatology. 2002; 36 47-56 (Ib)
- 15 Pradat P, Poynard T, Alberti A. et al . Predictive value of ALT levels on histological findings in chronic hepatitis C: A European collaborative study. J Hepatol. 2001; 24 (Suppl. 1) 5 (Ib)
- 16 Gebo K A, Herlong H F, Torbenson M S. et al . Role of liver biopsy in management of chronic hepatitis C: a systematic review. Hepatology. 2002; 36 161-172 (Ia)
Prof. Dr. med. Michael Roggendorf
Universitätsklinikum Essen, Direktor des Instituts für Virologie
Hufelandstr. 55
45122 Essen
eMail: roggendorf@uni-essen.de