Klin Monbl Augenheilkd 2004; 221(6): 519-520
DOI: 10.1055/s-2004-813288
Offene Korrespondenz

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Geschichte der Hypothese einer Mitwirkung der Müllerzellen bei der Entwicklung des idiopathischen Makulaforamens

F. Faude1 , A. Reichenbach2 , P. Wiedemann3
  • 1Klinikum Offenburg
  • 2Paul-Flechsig-Institut, Universität Leipzig
  • 3Universitätsaugenklinik Leipzig
Further Information

Publication History

Publication Date:
21 September 2005 (online)

J. D. M. Gass postulierte 1999, dass die retinalen Müllerzellen eine wichtige Rolle in der Pathogenese des idiopathischen Makulaforamens spielen [2]. Dies veranlasste uns in der augenärztlichen Literatur zu suchen, ob diese Hypothese bereits früher formuliert wurde. Dabei fanden wir, dass bereits 1900 H. Kuhnt in seinem Artikel: „Ueber eine eigenthümliche Veränderung der Netzhaut ad maculam” [3] einen Einfluss der Müllerzellen auf die Entwicklung des Makulaforamens vermutete. Er schrieb: „Wie sollen wir uns zum Schlusse die so überaus genaue Kreisform und die immer gleiche Ausdehnung des zentralen Makulaschwundes erklären? Zweifellos können nur praeformierte anatomische Gewebsanordnungen solche Regelmäßigkeiten bedingen ... Die Fovea ist, wie bekannt, von Capillaren ebenso wie von Radialfasern völlig frei, die innersten Teile der Makula besitzen beide nur in sehr unbedeutenden Masse. Man wird die Hypothese nicht besonders kühn nennen dürfen, wenn wir annehmen, dass der zum Gewebsschwunde neigenden Entzündungsform nur die direkt durch Gefässe ernährten, so wie durch das Vorhandensein von Müller’schen Fasern fester gefügten Netzhautteile widerstehen können, während die anderen zur Einschmelzung gelangen.”

Dogiel [1] hatte bereits 1893 die „ungünstige Müllerzellarchitektur” in der Makularegion beschrieben: Während die Müllerzellen außerhalb der Makularegion auf kürzestem Weg zwischen vitrealer und skleraler Oberfläche der Retina verlaufen und dabei ein stabiles „Säulen-Gerüstwerk” bilden, nehmen die langen dünnen Müllerzellen in der Makularegion einen z-förmig gebogenen Verlauf.

Die Hypothese der Beteiligung der Müllerzellen bei der Entwicklung des idiopathischen Makulaforamens geht somit auf vor mehr als 100 Jahren entwickelte Ideen von H. Kuhnt zurück.

Literatur

  • 1 Dogiel A S. Die Neuroglia in der Retina des Menschen.  Arch f mikrosk Anat. 1893;  41 612-623
  • 2 Gass J DM. Müller cell cone, an overlooked part of the anatomy of the fovea centralis.  Arch Ophthalmol. 1999;  117 821-823
  • 3 Kuhnt H. Ueber eine eigenthümliche Veränderung der Netzhaut ad maculam (retinitis atrophicans sive rareficans centralis).  Zeitschrift f Augenheilkunde. 1900;  Bd III; 2 8-13

Priv.-Doz. Dr. F. Faude

Augenklinik Klinikum Offenburg

Ebertplatz 12

77654 Offenburg

Phone: ++ 49/7 81/47 22-201

Fax: ++ 49/7 81/47 22-202

Email: frank.faude@klinikum-Offenburg.de