Gesundheitswesen 2004; 66(3): 186-189
DOI: 10.1055/s-2004-813036
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Transformation der stationären Versorgung durch die Einführung von Diagnosis Related Groups (DRG) - Der Nutzen von Gesundheitspolitikfolgenforschung

Transformation of Inpatient Treatment by the Introduction of Diagnosis-Related Groups (DRG) - The Positive Effects of Research on the Results of Health PolicyB. Braun1 , R. Müller1
  • 1Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) der Universität Bremen
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Publication Date:
15 April 2004 (online)

Zusammenfassung

Empirische Gesundheitspolitikfolgenforschung wird zu selten und dann meist auch nur sehr speziell oder einseitig betrieben. Sie ist vom Gesetzgeber auch in der Regel nicht eingefordert. Die Einführung der DRG läuft im Gegensatz zu vielen anderen Regulierungen im Gesundheitswesen phasenweise ab. Innerhalb dieser Phasen sind einige Möglichkeiten gegeben, den Kurs der weiteren Gestaltung der DRG zu korrigieren. Vor diesem Hintergrund wird auch von der Politik eine Gesundheitspolitikfolgenforschung gefordert. Wir stehen jetzt am Beginn der Einführung der DRG und können noch keine empirisch gesicherten Gesamtaussagen zu den Auswirkungen der DRG machen. Dennoch weisen erste Indizien darauf hin, dass bei der Einführung und Verfestigung der DRG die Arbeitsbelastungen der Pflegekräfte erhöht und damit auch die pflegerische Versorgung in der Qualität reduziert werden.

Abstract

Empirical researches about the results of health policy are rare. Almost, these researches take a look to very special aspects. Researches about the results of health policy is not very often demanded from the policy. In contrast to most legislations, the implementation of “diagnosis related groups” (DRG) will be realised in several steps. In these steps, there are several possibilities to correct the implementation if something is going wrong. With this background, the policy demands the researches about the results of the implementation of the DRG. Now, we are standing at the beginning of the process of the DRG implementation. It is not yet the time to provide assured empirical results about all the consequences of DRG. In spite of this, we found first hints: The implementation of DRG increases the work stress of nurses. As a result the quality of nursing could decrease.

Literatur

  • 1 Braun B, Müller R, Timm A. Arbeitsbedingungen und Gesundheit von Pflegekräften. St. Augustin; Asgard 2004
  • 2 Braun B, Müller R. Auswirkungen von Vergütungsformen auf die Qualität der stationären Versorgung. St. Augustin; Asgard 2003
  • 3 Simon M. Die Ökonomisierung des Krankenhauses. WZB-Paper P01 - 205 Berlin; 2001

1 Vom ersten Kostendämpfungsgesetz im Jahre 1977 bis zum 2003 verabschiedeten GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) gab es fast 50 völlig neue Gesetze oder gravierende Novellierungen bzw. Ergänzungsgesetze mit Tausenden von Einzelbestimmungen. Trotz der gelegentlichen Charakterisierung der deutschen Gesundheitspolitik als „reformresistent” finden sich in diesen Gesetzen mehrere völlig neue Leistungen (z. B. Gesundheitsförderung, Disease-Management-Programme), strukturverändernde Regelungen (z. B. Kassenwahlfreiheit, Risikostrukturausgleich) oder radikale Umgestaltungen der Wirklichkeit einzelner Leistungsbereiche (z. B. Honorierung ambulanter Leistungen, DRG). Das für die demokratische Legitimität und die Wirksamkeit von Gesetzen bedeutsame Problem der Unübersichtlichkeit von Gesetzen lässt sich am Beispiel des GMG nachvollziehen: Für die öffentliche Beratung eines Gesetzentwurfs von weit über 400 Druckseiten und zahlreicher weitreichender Veränderungen standen nur wenige Wochen zur Verfügung. Die zu Beginn des Jahres 2004 geführte Debatte über die „handwerkliche” Qualität des Gesetzes zeigt, dass selbst Experten nicht in der Lage oder willens waren, alle normativen Veränderungen zu verstehen und umzusetzen - geschweige denn die Bevölkerung.

2 So blockierte die Bundesregierung aktiv jegliche Form sozialwissenschaftlicher Begleitforschung zu den Auswirkungen der seit 1996 eingeführten Fallpauschalen im Krankenhaus auf die Patienten und Beschäftigten zugunsten rein betriebswirtschaftlicher Studien (vgl. [3]).

3 Im Februar 2004 ist aber weder schon mit Untersuchungen begonnen worden, welche eine Grundlage für diesen „Bericht” bilden könnten, noch zeichnet sich ab, wann damit begonnen werden wird. Es ist also zu befürchten, dass die gesetzlich innovative Vorschrift lediglich zu einem inhaltsarmen tagesaktuellen „Lagebild” der Situation im Jahre 2005 führt.

Dr. Bernard Braun

Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen

Parkallee 39

28209 Bremen

Email: bbraun@zes.uni-bremen.de

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