Suchttherapie 2003; 4 - 17
DOI: 10.1055/s-2003-822297

Schwerpunktpraxen Sucht: Evaluierung eines Modellprojekts zur Versorgung von Abhängigen in Mecklenburg-Vorpommern

U Hapke 1, J Riedel 1, K Röske 1, U John 1
  • 1Greifswald

Hintergrund: Das Modellprojekt Schwerpunktpraxen „Sucht“ in Mecklenburg-Vorpommern wird von den Krankenkassen außerhalb des Budgets finanziert. Es dient der Erprobung ambulanter Behandlung von abhängigen Patienten in Praxen niedergelassener Ärzte. Das Konzept soll die Versorgung von Suchtpatienten verbessern, die Schwelle der Inanspruchnahme von Hilfe bei Substanzabhängigen niedrig halten und eine langfristige professionelle Betreuung der Patienten gewährleisten.

Methode: Die derzeit 9 existierenden Schwerpunktpraxen in Mecklenburg–Vorpommern werden anhand der Daten aus einem halbstrukturierten Interview mit den 9 Ärzten in ihrer Strukturqualität beschrieben. Das Patientenklientel der Praxen wird durch den Einsatz eines Fragebogens zu soziodemografischen Patientendaten in Anlehnung an das Composite International Diagnostic Interview (CIDI) beschrieben (n=705). Die Analyse der Ergebnisqualität erfolgt über einen Patientenfragebogen und einen Arztfragebogen, welche in einer einjährigen Ersterhebung (n=607) und einer darauf folgenden einjährigen Nacherhebung Anwendung finden. Vergleichend zu den erhobenen Daten der Schwerpunktpraxen Sucht werden Ergebnisse von abhängigen Probanden (n=153) einer repräsentativen Stichprobe von Abhängigen aus der Allgemeinbevölkerung dargestellt.

Ergebnisse: Durchschnittlich 24% der Gesamtbehandlungsfälle der Schwerpunktpraxen sind Suchtpatienten. Diese zeichnen sich durch beträchtliche Probleme im psychosozialen Bereich und stark ausgeprägte Abhängigkeitssymptome aus. Neben der medizinischen Versorgung übernehmen die Ärzte in hohem Maße beratende und psychologische Aufgaben und gewährleisten eine langfristige Versorgung der Suchtpatienten. Patienten der Schwerpunktpraxis nehmen tendenziell häufiger professionelle Hilfe in Anspruch und sind somit stärker in das regionale Suchthilfesystem integriert. Ein wichtiger Baustein der Behandlung ist die Durchführung ambulanter Entzüge.

Diskussion: Durch die Schwerpunktpraxen lässt sich eine signifikante Ergänzung der Suchtkrankenhilfe erzielen. Die besondere Situation dieser Ärzte bietet die Möglichkeit zu einer längerfristigen Betreuung des Patienten.