Rofo 2003; 175 - 20
DOI: 10.1055/s-2003-819921

Standardisierte Referenzwerte zu kardialen Volumina, Funktion und myokardialen Masse mittels der SSFP-Sequenz

A Rauch 1, D Sauer 1, C Wacker 1, WR Bauer 1, E Sauer 1
  • 1Medizinische Klinik der Universität Würzburg, Würzburg

Einleitung: Der Einsatz der MRT bei der morphologischen und funktionellen Diagnostik von kardiovaskulären Erkrankungen hat sich Dank immenser technischer Entwicklungen auf eine Vielzahl an Indikationen ausgebreitet. Die Kenntnis der kardialen Normwerte ist die Voraussetzung für eine kernspintomographische Diagnosestellung, Einschätzung der Prognose und Beurteilung eines Therapieerfolges bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen. Aktuell sind 2 Gradientenechosequenzen – die segmented k-space-turbo gradient echo sequence (TGE) und die Steady State Free Precision (SSFP) – in Gebrauch. Die kürzere Akquisitionszeit der SSFP und die Abhängigkeit des Kontrastes vom T1/T2-Verhältnisses des Gewebes geht mit einer verbesserten räumlichen und zeitlichen Auflösung und einem höheren SNR und CNR einher. Während kardiale Referenzwerte zur TGE bereits publiziert sind, fordert der zunehmende Einzug der SSFP-Sequenzen in den Alltag der kardiovaskulären Kernspintomographie die Etablierung von SSFP-Normwerten zur links- und rechtsventrikulären Geometrie, Funktion und myokardialen Masse.

Methode: Wir untersuchten 100 herzgesunde Probanden, 50 Männer und 50 Frauen, im Alter von 18–66 Jahren, einer Körpergröße von 148–201cm und einem Körpergewicht von 52–105kg in einem 1,5-Tesla-Scanner („Sonata“, Siemens Medical System Erlangen). Zur Beurteilung der globalen LV-Funktion, Ventrikelgeometrie und Masse werden mit der Steady-State-Free Precession Gradienten Echo Sequenz („True Fisp“: Schichtdicke: 8mm, TE: 1,7 ms, TR: 3,4 ms, Flipwinkel: 60°, Matrix: 256×256mm) ein 4- und 2-Kammerblick und die Kurzachsenschnitte angefertigt. Imageanalyse: Nach Einzeichnen der epikardialen und endokardialen links – und rechtsventrikulären Konturen wird sowohl für den RV als auch für den LV die ED als das erste Bild nach der R-Zacke des EKG und die ES als das Bild mit der kleinsten LV-Fläche, üblicherweise 240–320 ms nach der R-Zacke, definiert. Die Papillarmuskeln werden vom LV-Volumen ausgeschlossen und zur LV-Masse addiert. Die Volumina wurden entsprechend der vereinfachten Simpson-Regel berechnet, das Schlagvolumen (SV) nach SV=EDV-ESV angegeben, die Ejektionsfraktion (EF) nach EF=(SV/EDV)×100% ermittelt und die myokardiale Masse(LVMM) nach LVMM=1,05g/cm3×(Volumen des LV-Muskels) kalkuliert.

Ergebnisse:

 

gesamt

Männer

Frauen

 

 

MW±SD

MW±SD

MW±SD

P

EDVLV [ml]

132±33

148±35

115±21

<0.00001

ESVLV [ml]

58±20

66±22

51±15

0.00001

SVLV [ml]

73±18

83±18

64±11

<0.00001

EFLV [%]

56±7

56±7

56±7

<0.00001

MMLV [g)]

97±26

114±22

80±16

<0.00001

EDVRV [ml]

121±32

141±29

100±20

<0.00001

ESVRV [ml]

51±20

62±20

41±14

<0.00001

SVRV [ml]

69±18

80±18

59±11

<0.00001

EFRV [%]

58±8

57±7

60±8

<0.00001

Tabelle 1: LV- und RV-Parameter, angegeben als Mittelwert mit Standardabweichung.

Das linksventrikuläre EDV variiert zwischen 82 und 255ml, das ESVLV zwischen 18 und 121ml; beide Volumina sind bei den Probandinnen signifikant kleiner. Die LV-Ejektionsfraktion, die im Bereich von 45–80% variiert, weist ebenso wie das SVLV keinen signifikanten Unterschied zwischen den Geschlechtern auf. Das rechtsventrikuläre enddiastolische Volumen der 100 Probanden variiert zwischen 68 und 203ml, das ESV zwischen 23 und 129ml. Beide Volumina sind bei den Probandinnen ebenso wie das SVRV signifikant kleiner. Die rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion weist hingegen keine Geschlechtsunterschiede auf. Die myokardiale Muskelmasse des linken Ventrikels liegt zwischen 53 und 171g. Zwischen den weiblichen und männlichen Probanden besteht ein signifikanter Unterschied.

Zusammenfassung: Die verbesserte räumliche und zeitliche Auflösung der SSFP-Sequenz und das dank der T1/T2-Kontrastabhängigkeit erhöhte SNR und CNR geht mit einer exakten endokardialen Konturenerkennung einher. Die bereits von J. Moon (1) beschriebene Zunahme der kardialen Volumina und Abnahme der myokardialen Masse kann auch im Vergleich unserer Ergebnisse mit den von Sandstede (2) publizierten Normwerten zur TGE-Sequenz gezeigt werden (siehe Tabelle 2). Unsere Studie demonstriert zum einen die geschlechtsspezifischen Unterschiede der links- und rechtsventrikulären Volumina und Funktionsparameter in der SSFP-Sequenz und bestätigt die bereits von Alfakih et al (3) beschriebene hohe Streubreite der Parameter.

 

Rauch

 

Sandstede

Alfakih

 

 

SSFP

 

IGE

 

SSFP

 

 

Männer (n=50)

Frauen (n=50)

Männer (n=18)

Frauen (n=18)

Männer (n=30)

Frauen (n=30)

 

MW±SD

MW±SD

MW±SD

MW±SD

MW±SD

MW±SD

EDVLV [ml]

148±35

115±21

118±27

96±21

169±33

135±19

ESVLV [ml]

66±22

51±15

40±13

57±10

61±16

49±11

SVLV [ml]

83±18

64±11

 

 

108±21

86±12

EFLV [%]

56±7

56±7

67±5

70±5

64±5

64±5

MMLVfg]

114±22

80±16

155±18

110±16

133±24

90±12

EDVRV [ml]

141±29

100±20

131±28

100±23

177±33

131±24

ESVRV [ml]

62±20

41±14

53±17

33±15

79±16

52±10

SVRV [ml]

80±18

59±11

 

 

98±19

78±17

EFRV [%]

57±7

60±8

60±7

69±9

55±4

60±5

Tabelle 2: LVund RVParameter im Literaturvergleich

1) Moon J.C.C., Lorenz C., et al: Breath-hold FLASH and FISP Cardiovascular MR Imaging: Left Ventricular Volume DifTerences and Reproducibility. Radiology 223: 789–797 (2002). 2) Sandstede J., et al: Age- and gender-specific differences in left and right ventricular cardiac function and mass determined by eine magnetic resonance imaging. Eur. Radiol. 10: 438–442 (2000). 3) Alfakih K., et al: Normal human left and right ventricular dimensions for MRI as assessed by turbo gradient echo and steady-state-free precesssion imaging sequences. JMRI 17: 323–329 (2003).