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DOI: 10.1055/s-2003-819918
Anomalien der Koronararterien: Erkennen und Charakterisierung mittels Mehrzeilen-Spiral-CT
Hintergrund: Koronararterienanomalien sind mit einer Prävalenz zwischen 0,6 und 0,9% seltene und häufig asymptomatische Fehlbildungen. Sog. „maligne“ Formen sind mit einem erhöhten Risiko des plötzlichen Herztodes verbunden. Allen Formen gemeinsam ist eine schwierige klinische und angiographische Diagnose. Ziel der vorliegenden Studie ist die Frage, welchen diagnostischen Stellenwert die Mehrzeilen-Spiral-CT in der Detektion und morphologischen Beschreibung von Anomalien der Koronararterien hat.
Material und Methode: In der retrospektiven Auswertung von 1190 Kardio-CT-Untersuchungen, die wegen koronarer Herzkrankheit indiziert wurden, fanden sich 32 Fälle mit Anomalien der Koronararterien. Die CT-Untersuchungen wurden an 4- oder 16-Zeilen-Scannern durchgeführt (Somatom VolumeZoom bzw. Somatom Sensation Cardiac). 100ml Iomeprol 400 wurden intravenös mit variablen Scan-Verzögerungen verabreicht. Die Datenakquisition erfolgte während einer EKG-Synchronisation. Die Bildberechnung wurde mittels retrospektivem Gating zu optimierten Zeitpunkten für jede Koronararterie in der Diastole vorgenommen. Mit dem Ziel, die Koronararterien in möglichst langstreckigen Segmenten darzustellen, wurden die Datensätze den Nachverarbeitungsmethoden des Volume-Rendering und des sog. „thin-MIP“ (spezielles MPR-Verfahren) unterzogen. 21 Patienten erhielten vor oder nach der CT-Untersuchung eine selektive Koronarangiographie.
Ergebnisse: Die in der Tabelle aufgelisteten Gefäßanomalien wurden computertomographisch nachgewiesen, hinsichtlich ihres Ursprungs und Verlaufs charakterisiert und mit den Befunden der Koronarangiographie verglichen.
Art der Anomalie |
CT |
Koronarangiographie |
||
Ursprung |
Verlauf |
gesamt (n) |
gesamt (n) |
sondierbar (n) |
RCA aus LCS |
interarteriell |
10 |
7 |
2 |
LCA aus RCS |
ventral |
2 |
1 |
1 |
|
interarteriell |
2 |
1 |
1 |
LAD aus RCS |
ventral |
1 |
1 |
0 |
RCX aus RCS |
dorsal |
4 |
3 |
2 |
LAD und RCX separat aus LCS |
normal |
4 |
1 |
1 |
„single coronary artery“ aus RCS |
ventral |
1 |
1 |
0 |
Sinusknotenarterie aus RCX |
dorsal |
1 |
1 |
0 |
Konusarterie aus RCS |
dorsal |
1 |
0 |
0 |
Malrotation der Aortenwurzel |
interarteriell |
2 |
1 |
1 |
Ektoper Abgang der RCA |
interarteriell |
1 |
1 |
0 |
Koronararterienfistel |
ventral |
2 |
2 |
1 |
Koronararterienfistel |
dorsal |
1 |
0 |
0 |
Summe |
32 |
21 |
9 (=43%) |
Die Häufigkeitsverteilung der in der CT gefundenen Anomalien der Koronararterien entsprach im Wesentlichen den in der Literatur beschriebenen Angaben. Häufigste Gefäßanomalie war der Ursprung der rechten Koronararterie aus dem linkskoronaren Sinus mit nachfolgend interarteriellem Verlauf zwischen Aortenwurzel und Truncus pulmonalis. Im vorliegenden mittels CT untersuchten Patientenkollektiv fand sich eine Prävalenz von 2,7%, die signifikant höher war als die in der Literatur berichtete Häufigkeit von koronarangiographisch oder pathoanatomisch analysierten Kollektiven. In den 21 Koronarangiographien konnten in lediglich 9 Fällen (43%) die fehlinserierenden Koronararterien selektiv sondiert werden.
Schlussfolgerungen: Die Mehrzeilen-Spiral-CT des Herzens weist die Ursprungsostien und die weiteren Gefäßverläufe deutlich sicherer als die Koronarangiographie nach. Methodische Gründe hierfür sind zum einen die systemische Kontrastmittelgabe, die immer zur Anfärbung der fehlverlaufenden Koronargefäße führt, zum anderen die Möglichkeit der Bildnachverarbeitung der CT-Datensätze. Im Gegensatz zur 2D-Projektionsangiographie können in der Kardio-CT alle morphologischen Strukturen des Herzens synoptisch und übersichtlich dargestellt werden, was die Charakterisierung von Koronararterienanomalien wesentlich erleichtert. Insbesondere sind durch die simultane Darstellung der vaskulären Umgebungsanatomie maligne Formen der aberrierenden Koronargefäße einfacher zu erkennen. Die Mehrzeilen-Spiral-CT ist deshalb die Untersuchungsmethode der Wahl beim klinischen oder angiographischen Verdacht auf das Vorliegen einer Koronararterienanomalie.