Z Geburtshilfe Neonatol 2003; 207 - FV_05_01
DOI: 10.1055/s-2003-818093

PID als vorgezogene Form der PND? – Eine vergleichende Analyse der ethischen Konfliktfelder

D Reitz 1, SS Schmidt 1, GR Richter 2
  • 1Klinik für Geburtshilfe und Perinatologie, Philipps-Universität Marburg
  • 2Ethikkommission des FB Humanmedizin, Philipps-Universität Marburg

In der Diskussion um die Legalisierung der PID in Deutschland wird immer wieder die These vertreten, bei der PID handele es sich um eine frühe Form der PND. Ein gesetzliches Verbot der PID sei bei praktischer Duldung von Pränataldiagnostik und späten Schwangerschaftsabbrüchen deshalb widersprüchlich und unverständlich. Diese These möchte ich anhand einer Gegenüberstellung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den ethischen Konfliktfeldern untersuchen, die sich aus der Durchführung dieser beiden Verfahren ergeben.

Unter dem Blickwinkel einer ethischen Analyse sprechen für einen Analogieschluss zwischen PID und PND in erster Linie: 1. Argumente des Respekts vor den autonomen Entscheidungen der betroffenen Paare im Sinne einer reproduktiven Freiheit, und 2. Berücksichtigung der antizipierten ethischen und emotionalen Konfliktsituation, die sich für die Paare aus dem Leben mit einem bzw. einem weiteren behinderten oder chronisch kranken Kind ergibt.

Unterschiede zwischen beiden Verfahren zeigen sich vor allem: 1. aus der Perspektive der Gerechtigkeit im Sinne einer quantitativen und qualitativen Verschärfung der Selektionsmöglichkeiten bei der PID im Vergleich zur PND, und 2. einer möglichen unterschiedlichen Gewichtung der Rechte und Interessen der betroffenen Frauen und Embryonen bzw. Feten aufgrund der lediglich antizipierten oder bereits real bestehenden körperlichen Verbundenheit im Rahmen einer Schwangerschaft.

Aus der Perspektive der Paare kann eine Vergleichbarkeit zwischen PID und PND konstatiert werden. Wird jedoch die Situation der Embryonen mit in die Analyse einbezogen, so ist diese Vergleichbarkeit nicht zwingend.