Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 152
DOI: 10.1055/s-2003-816555

Offenes Foramen ovale oder Vorhofseptumaneurysma bei ätiologisch ungeklärten Schlaganfällen

J Wattchow 1, A Harloff 1, M Handke 1, A Hetzel 1
  • 1Freiburg

Die pathogenetische Bedeutung des offenen Foramen ovale und Vorhofseptumaneurysmas bei ätiologisch ungeklärten Schlaganfällen ist umstritten. Das Ziel der Studie bestand darin, offenen Foramen ovale und Vorhofseptumaneurysmen als mögliche Risikofaktoren für zerebrale Ischämien in Abhängigkeit vom Alter nachzuweisen. 480 konsekutive Patienten unserer Stroke Unit (183/297=F/M, Alter: 62,2±12,5 Jahre) wurden vom Januar 2001 bis April 2002 vollständig mit videodokumentierter transösophagealer Echokardiographie und Duplexsonographie aller hirnzuführender Arterien untersucht. Die Einteilung der Infarktätiologie erfolgte gemäß den TOAST-Kriterien. Die Zuordnung der Gruppen erfolgte nach Klinik, Bildgebung und Ultraschalldiagnostik ohne transösophageale Echokardiographie. In Gruppe 1 war die Ätiologie geklärt, Gruppe 2 blieb ungeklärt. 252 Patienten (Alter: 63,9±10,6 Jahre) wurden der Gruppe 1, 228 Patienten (Alter: 60,3±14,1 Jahre) der Gruppe 2 zugeordnet. In der Gruppe 2 (Gruppe 1) fand sich ein offenes Foramen ovale bei 32,0% (10,7%), ein Vorhofseptumaneurysma bei 4,4% (5,6%) oder die Kombination beider Befunde bei 14,5% (3,2%). Zwischen den Gruppen bestand keine signifikante Altersdifferenz. Eine proximale Hochrisikoemboliequelle im Sinne von Aortenplaques >4mm zeigte sich bei 23,7% (17,9%), aufgelagerte Thromben bei 7,5% (1,6%) oder Thromben im linken Vorhof bei 2,2% (2,8%). Diese prospektive Untersuchung zeigt, dass in dem Krankengut unserer Stroke Unit das offene Foramen ovale sowie die Kombination von offenem Foramen ovale und Vorhofseptumaneurysma, nicht aber das Vorhofseptumaneurysma alleine, bei einem Kollektiv ätiologisch ungeklärter Schlaganfälle 3,8mal häufiger als in der Kontrollgruppe auftritt. Die Prävalenz von offenem Foramen ovale und Vorhofseptumaneurysma ist unabhängig vom Alter. Bei Patienten mit ungeklärten Infarkten treten unabhängig vom Alter Vorhofseptumauffälligkeiten signifikant häufiger auf. Auch bei älteren Patienten ohne Nachweis einer Hochrisikoemboliequelle ist daher an einen Zusammenhang mit einem offenen Foramen ovale mit und ohne Vorhofseptumaneurysma zu denken. Die transösophageale Echokardiographie ist darüber hinaus hilfreich, auch weitere Hochrisikoemboliequellen im Bereich des Vorhofs und des Aortenbogens zu diagnostizieren.