Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 141
DOI: 10.1055/s-2003-816544

Lokalisations- und Funktionsdiagnostik durch multimodales intraopertives Monitoring: 234 neurochirurgische und orthopädische Eingriffe mit multimodalem intraoperativen Monitoring an der Lendenwirbelsäule

M Sutter 1, J Dvorak 1, A Müller 1
  • 1Zürich

Erfolge interventionell behandelter Lendenwirbelsäulenerkrankungen hängen davon ab, inwiefern prä- und intraoperativ neurologische Funktionsstörung mit einem pathomorphologischen Befund korrelieren. Das multimodale intraoperative Monitoring ist bei Skoliose- und Rückenmarkstumoroperationen geeignet zur Prävention iatrogener Rückenmarksschädigungen. Sein Stellenwert an der Cauda equina ist unklar. Somatosensorische, spinale und kortikal evozierte Potenziale nach Stimulation relevanter Nerven; motorisch evozierte Potenziale mit transkranialer Elektrostimulation von Motokortex, Rückenmark, Cauda equina, Nervenwurzeln mit Ableitung der Muskelsummenpotenziale variabler Lokalisation; kontinuierliche EMG; Sakralreflexe. 2000–2002 wurden an unserem Institut 234 Patienten an der Lendenwirbelsäule mit zusätzlichem multimodalem intraoperativen Monitoring operiert: Intra-/extramedulläre Tumorexzision (n=32), Multisegmentale Stenosendekompression (n=76), Kurvenkorrekturen (n=41), Fusionen (n=85). Mittleres Alter 58 (10–87). Mittleres multimodales intraoperatives Monitoring 3,6h (0,6–12,3). Alle multimodalen intraoperativen Monitorings (840h) durch einen Neurologen. 148 Operationen ohne signifikante Änderungen (Latenzzunahme <10%, Amplitudenabnahme <50%). 44 transiente (Anästhesie, Blutdruck, Temperatur etc.), 40 Änderungen in direkten Zusammenhang zur Chirurgie. Alterationen wurden unmittelbar mit Anästhesisten oder Chirurgen kommuniziert, mögliche Behandlungsänderungen unverzüglich umgesetzt. Basierend auf multimodalen intraoperativen Monitorings: 8-mal ein relevantes neurologisches Defizit (alle richtig positiv), 7-mal ein leichtes (<7d) Defizit (3 richtig positiv, 4 falsch positiv) vorausgesagt. 8-mal infolge Anästhesieschema/vorbestehende Ausfälle nicht konklusiv (keine neue Ausfälle). 209 Fälle richtig negativ vorausgesagt. Es wurden keine falsch negativen Voraussagen gemacht. Das multimodale intraoperative Monitoring ist eine technisch anspruchvolle, zuverlässige Methode um relevante on-line-Informationen über den neurologischen Funktionszustand während Operationen an der Lendenwirbelsäule zu erhalten. 38% der multimodalen intraoperativen Monitoring-Fälle zeigten intraoperativ wesentliche Änderungen, worauf die Behandlung modifiziert wurde. Das multimodale intraoperative Monitoring erlaubt lokalisatorische, qualitative und quantitative klinische Aussagen und erscheint auch an der LWS geeignet, intraoperative Komplikationen zu verringern und als Instrument für die Qualitätskontrolle.