Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 115
DOI: 10.1055/s-2003-816518

Einfluss von bilateraler Willküraktivität auf homonyme Kortexareale bei Gesunden und Schlaganfallpatienten

C Renner 1, H Woldag 1, R Atanasova 1, H Hummelsheim 1
  • 1Leipzig-Bennewitz

In der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten wird die Benutzung beider Hände trainiert, um größtmögliche Selbständigkeit im Alltag zu erlangen. Es existieren jedoch transkallosale inhibitorische Verbindungen zwischen homonymen kontralateralen Kortexarealen. Deshalb ergibt sich die Frage, ob die Aktivierung der nicht betroffenen Hemisphäre zu einer Inhibition der betroffenen Areale führen kann. Ziel der Studie ist die Erfassung des Einflusses von Willküraktivität der gesunden Hand auf die ipsilaterale respektive geschädigte Hemisphäre bei gleichzeitiger Willküraktivität der kontralateralen Hand. Elf Probanden und 15 Patienten mit Infarkten im Mediastromgebiet wurden mit transkranieller Magnetstimulation über dem Handareal der nicht dominanten bzw. der vom Infarkt betroffenen Hemisphäre stimuliert: Abgeleitet wurde über dem M. interosseus dorsalis I (abgeleitete Hand) in Ruhestellung und unter Vorinnervation (Pinzettengriff) mit 10% und 50% der vorher abgeleiteten maximalen EMG-Aktivität. Gleichzeitig musste die kontralaterale Hand entweder in Ruhestellung gehalten werden oder einen Pinzettengriff mit 10%, 50% und 100% der vorher bestimmten maximalen EMG-Aktivität des M. interosseus dorsalis I ausführen. Der Effekt wurde anhand von Amplitudendifferenzen quantifiziert. Bei Ruhestellung der abgeleiteten Hand führt die 50%ige und 100%ige Ausführung des Pinzettengriffes der kontralateralen Hand zu einer statistisch signifikanten Amplitudenzunahme im Vergleich zur Ruhestellung. Bei 10%iger und 50%iger Ausführung des Pinzettengriffes der abgeleiteten Hand und Ruhestellung der kontralateralen Hand zeigte sich ebenfalls eine statistisch signifikante Amplitudenzunahme (Fazilitation). Diese Fazilitation der abgeleiteten Hand durch Vorinnervation zeigte bei zusätzlicher Aktivierung der kontralateralen Hand keine weitere signifikante Veränderung. Diese Ergebnisse zeigen, dass die Willküraktivität beider Hände alleine die abgeleitete Hand fazilitiert. Bei Vorinnervation der abgeleiteten Hand führen die gleichzeitigen Aktivitäten der kontralateralen Hand weder zu einer zusätzlichen Fazilitation noch zu einer Inhibition.