Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 98
DOI: 10.1055/s-2003-816501

Zerebro-zerebelläre Aktivierungen bei koverten Verschiebungen der Aufmerksamkeit im Vergleich zu Augenbewegungen

MF Nitschke 1, T Arp 1, A Sprenger 1, C Erdmann 1, U Melchert 1, D Petersen 1, D Kömpf 1, F Binkofski 1, W Heide 1
  • 1Lübeck

Die Steuerung von fokussierter Aufmerksamkeit und von Augenbewegungen wird durch zum Teil überlappende Netzwerkstrukturen im Kortex ermöglicht. Die Untersuchung anatomischer Spezialisierung und spezifischer funktioneller zerebro-zerebellärer Verbindungen bei der Ausführung von koverten Verschiebungen der Aufmerksamkeit und von Augenbewegungen war das Ziel dieser Studie. Wir untersuchten mit der funktionellen MRT dabei den Einfluss der kortikalen und zerebellären Areale. Bei insgesamt 16 Probanden wurde die Ausführung von koverten Verschiebungen der Aufmerksamkeit und von extern getriggerten zielgerichteten Augenbewegungen getestet. Als Stimulus diente ein Punkt, der pseudorandomisiert in 5 unterschiedlichen horizontalen Positionen über das Gesichtsfeld (20° rechts und links) projiziert wurde. Das Paradigma bestand bei den Augenbewegungen aus der Fixation des Punktes mit der entsprechenden Durchführung von visuell geführten Sakkaden. Die Aufmeksamkeitsverschiebungen wurden untersucht, indem der Proband einen zentralen Punkt fixieren sollte und die analog präsentierten Blickziele nur in den Aufmeksamkeitsfokus aufnehmen sollte. Um eine relative Kontrolle über die Performance zu erhalten, wurden die Probanden angewiesen zu memorisieren, wie oft sich der Zielpunkt während der Stimulation in seiner Struktur änderte. Die Messungen (1,5T, EPI; Siemens Symphony) wurden mit SPM99 ausgewertet. Die Registrierung der Augenbewegungen erfolgte mit einer MR-kompatiblen Infrarot-Okulographie. Bei reliabler Ausführung zeigten die isoliert ausgeführten Sakkaden eine Aktivierung in den Sakkaden-Arealen (frontales, supplementäres Augenfeld, intraparietaler Sulkus). Für die Aufmerksamkeitsverschiebungen zeigten sich neben überlappenden Aktivierungen in diesen Arealen spezifische Aktivierungen lateral von diesen im Gyrus angularis und an der TP-Junction. Zerebelläre Aktivierungen der Augenbewegungen fanden sich vorwiegend im Vermis, wohingegen für die Aktivierungen durch die Aufmerksamkeitsverschiebungen Areale in den Lobuli VII-VIII spezifisch waren. Es lässt sich somit neben einem gemeinsamem Netzwerk zur Steuerung von zielgerichteten Augenbewegungen und fokussierter Aufmerksamkeit auch eine anatomische Spezialisierung für die jeweilige Aufgabe definieren.