Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 78
DOI: 10.1055/s-2003-816481

Aktivierung des motorischen Kortex bei gesunden Kindern und Erwachsenen in der funktionellen MRT

M Linder 1, V Mall 1, A Schelle 1, M Herpers 1, F Pfister 1, R Korinthenberg 1, M Schuhmacher 1, J Spreer 1
  • 1Freiburg

Das Erlernen von motorischen Fähigkeiten ist ein wesentlicher Baustein der kindlichen Entwicklung. Neurophysiologische Untersuchungen hinsichtlich der Reifungsdynamik motorischer Fähigkeiten haben gezeigt, dass der Kortex eine zentrale Rolle im Rahmen motorischer Lernprozesse einnimmt. Die funktionelle MRT ermöglicht eine nicht-invasive Darstellung kortikaler Aktivierungen. Damit bietet sich das Verfahren dazu an, die altersabhängige Aktivierung des motorischen Kortex bei Kindern und Erwachsenen zu untersuchen. Untersucht wurden 32 gesunde, rechtshändige Probanden: 11 Kinder im Alter von 6–10, Median 9 Jahre); 10 Jugendliche im Alter von 11–15, Median 13 Jahre; 11 Erwachsene (Median 27 Jahre). Motorisches Paradigma: Durchführung eines unilateralen Palmargriffs (Zusammendrücken eines Gummiballs); Visuelles Paradigma: alternierendes Schachbrettmuster (4Hz). Steuerung der Kontinuität der Bewegungen mittels standardisierten, computergetriggerten Anweisungen über Kopfhörer; Kontrolle der Kraft durch Bewegungsaufzeichung mittels Drucksensors. Technische Daten: 1,5 T MR-Scanner, GE EPI-Sequenzen: 30 Schichten á 4mm, Matrix 64×64, Blockdesign, 85 Messungen pro Paradigma. Auswertung: Brain Voyager, Bewegungskorrektur, räumliche/zeitliche Glättung, Korrelationsanalyse, Berechnung der Gruppenunterschiede mittels Differenzbildung, lineares Regressionsmodell (p<0,001). Spiegelbewegungen oder relevante Bewegungsartefakte wurden nicht beobachtet. Erwachsene zeigten im Vergleich zu Jugendlichen und Kindern eine signifikant vermehrte Aktivierung der primär motorischen Areale sowie bilateral eine signifikante Mehraktivierung der SMA einschließlich Zingulum, Parietallappen und Zerebellum. Bei Jugendlichen gegenüber Kindern ergab sich keine signifikant unterschiedliche Aktivierung des Motorkortex. Die visuelle Stimulation zeigte keine signifikanten Gruppenunterschiede. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die kortikalen Aktivierungen in der funktionellen MRT in Abhängigkeit vom Alter während der Durchführung einer einfachen motorischen Aufgabe differieren. Eine unterschiedliche, altersabhängige Durchblutungsreaktion des Gehirns oder der Einfluss von Bewegungsartefakten scheinen als Erklärung unwahrscheinlich, da sich bei visueller Stimulation keine signifikanten Gruppenunterschiede ergaben. Unsere Ergebnisse weisen vielmehr auf eine spezifische Reifungsdynamik des motorischen Kortex hin.