Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 66
DOI: 10.1055/s-2003-816469

Die Rolle der Fusion von Myoblasten in der Pathogenese der Dystrophinopathien

M Kottlors 1, FX Glocker 1, J Böcker 1, CH Lücking 1
  • 1Freiburg

Bei Muskeldystrophien sind verschiedene Muskelgruppen bis in späte Krankheitsphasen sehr unterschiedlich betroffen. Hier wirft sich die Frage auf, ob die unterschiedliche Atrophie und der Kraftverlust der einzelnen Muskelgruppen neben externen Einflüssen wie unterschiedliche exzentrische Belastung auch durch intrinsische bzw. konstitutive Faktoren beeinflusst werden. Wir haben daher den Fusionsindex von humanen Myoblasten gesunder Probanden der Oberschenkelmuskulatur mit der der Wadenmuskulatur verglichen. Zusätzlich wurde die osmotische Resistenz unterschiedlicher Muskelgruppen gesunder Probanden und eines Duchenne-Patienten bestimmt. Je drei humane altersgematchte Proben (Tissue culture collection Friedrich-Baur Institut) des M. rectus femoris wurden mit Proben des M. gastrocnemius unauffälliger Biopsien bzw. gesunder Probanden verglichen (M. gastrocnemius/M. rectus femoris: A: 24 Jahre/22 Jahre B: 36 Jahre/37 Jahre; C: 41 Jahre/43 Jahre). Der Fusionsindex wurde nach 24, 72, 120 und 168h durch Bestimmung der Zellkerne in Myotuben berechnet. Die osmotische Resistenz wurde zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Induktion der Fusion durch Zugabe einer Saccharoselösung von 20–290 mOsm und nachfolgender Kreatinkinasefreisetzung als Maß der Zellintegrität bestimmt. Der Fusionsindex des M. gastrocnemius im Vergleich zu dem des M. rectus femoris war im Gruppenvergleich signifikant höher (A: 0,40/0,06; B: 0,39/0,05; C: 0,34/0,13). Auch bei Kultivierung wenig fusionierender Zelllinien wurde durch eine längere Fusionsdauer (288h) und bzw. der Fusion subkonfluenter Kulturen kein höherer Fusionsindex erzielt. Die osmotische Resistenz war unabhängig von einer Mutation im Dystrophingen, zeigte aber eine Abhängigkeit von der Fusionsrate, indem die osmotische Resistenz mit zunehmender Fusion zunahm. Es konnte ein signifikant höherer Fusionsindex des M. gastrocnemius im Vergleich zu dem des M. rectus femoris gefunden werden. Die osmotische Resistenz war unabhängig von einer Mutation im Dystrophingen, aber ohne Unterschied zwischen den einzelnen Muskelgruppen abhängig von der Fusionsrate.