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DOI: 10.1055/s-2003-816457
Lateropulsion und Gangabweichung bei Patienten mit Wallenberg-Syndrom nehmen mit steigender Ganggeschwindigkeit ab
Patienten mit einem akuten ischämischen Infarkt der dorsolateralen Medulla oblongata (Wallenberg-Syndrom) zeigen unter anderem eine Fallneigung und Gangabweichung zur Seite der Läsion. Nachdem bei Patienten mit peripheren vestibulären Läsionen (Neuritis vestibularis) eine geringere Gangabweichung mit höherer Ganggeschwindigkeit gefunden worden war, sollte in dieser Studie die Gangabweichung bei Patienten mit Wallenberg-Syndrom in Abhängigkeit vom Gangmuster und von der Ganggeschwindigkeit untersucht werden. Zwölf Patienten (5 Frauen) mit Wallenberg-Syndrom (klinisches Bild und MRT-Nachweis des Infarkts, 3–10 Tage nach Beginn der Symptome) nahmen an der Studie teil (Alter 25–71 Jahre). Sie wurden dazu aufgefordert (1) ganz langsam zu gehen, (2) mit maximaler Geschwindigkeit zu gehen und (3) langsam zu laufen. Die Trajektorien des Ganges wurden bei 5 Patienten mit einem Kamerasystem registriert, das Infrarot-sensitive Dioden, die an den Patienten befestigt waren, detektierte. Die Gangabweichung der übrigen 7 Patienten wurde mit einer digitalen Kamera auf der Station gemessen. Zur Quantifizierung wurde jeweils die Winkelabweichung nach 5s Lokomotion bestimmt. Alle Patienten zeigten eine reproduzierbare Gangabweichung zur Seite der Läsion. Die mittlere Gangabweichung nach 5s betrug bei langsamen Gehen 43,5±19,1 deg (n=12; range 15–80 deg), bei schnellem Gehen 22,8±17,8 deg (n=12; range 0–60 deg) und bei langsamen Laufen 13,6±13,7 deg (n=7; range 0–40 deg). Die Unterschiede in der Gangabweichung waren signifikant zwischen langsamen und schnellen Gehen (p<0,001) und zwischen schnellem Gehen und langsamen Laufen (p=0,034). Alle Patienten berichteten, sie fühlten sich sicherer bei höherer Ganggeschwindigkeit. Die Daten zeigen, dass die reduzierte Abhängigkeit von vestibulären Störsignalen bei automatisierten Lokomotionsmustern (schnelles Gehen und Laufen) nicht nur für periphere sondern auch für zentrale vestibuläre Störungen zutrifft. Die Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass automatisiere Lokomotion weitgehend unabhängig von vestibulärer sensorischer Kontrolle erfolgen kann.