Aktionsinduzierte Dystonie der unteren Extremität: eine Sonderform der fokalen Dystonie

Fokale Dystonien der unteren Extremität sind seltene Erkrankungen. Zumeist treten die dystonen Symptome spontan, ohne Triggermechanismen, auf. Wir berichten über einen 29-jährigen Mann, der jeweils nach längerem Laufen in festen Schuhen eine fokale, dystone Bewegungsstörung am linken Unterschenkel erfährt. Die Symptomatik des 29-jährigen begann vor 2,5 Jahren, als er erstmals nach einem 15-minütigen Training auf dem Laufband eine krampfartige Tonuserhöhung am linken Unterschenkel bemerkte. Mehrfache Wiederholungen führten jeweils zum erneuten Auftreten der Symptomatik. Hierbei träte zunächst eine Fußextension (teilweise begleitet von einer Großzehenextension) auf, im Anschluss eine Fußflexion und -supination mit Tremorkomponente. Die Symptomatik halte jeweils für mindestens 10min an und träte nie rechts auf. Im Zeitverlauf habe die Häufigkeit des Auftretens kontinuierlich zugenommen, so dass er aktuell nur noch ca. 150 m symptomfrei gehen könne. Barfüßig sei die Gehstrecke etwas länger. Der Patient erinnerte lediglich eine blande Bänderdehnung am linken Sprunggelenk vor 5 Jahren, sonst keine Unfälle oder Verletzungen. Leere Familien- und Eigenanamnese. Die geschilderte Symptomatik konnte auch in der klinischen Untersuchung durch rasches Gehen in festen Schuhen nach einer Gehstrecke von ca. 250 m reproduziert werden. EMG (M. tibialis anterior), NLG (N. tibialis und N. peronaeus), zentral-motorische Leitzeit (zum M. tibialis anterior) und SEP (N. tibialis) waren unauffällig. Auch die Kernspintomographie von Gehirn und gesamtem Rückenmark und der Liquor waren unauffällig. Anti-GAD-AK negativ, Kreatinkinase im Normbereich. Aufgrund der Phänomenologie der Symptomatik liegt die Diagnose einer Dystonie nahe. Andere Erkankungen wie eine Myopathie oder ein „Stiff-person-Syndrom“ wurden ausgeschlossen. Es ist ungewöhnlich, dass die dystone Symptomatik nie in Ruhe auftritt, durch das Tragen von Schuhwerk gefördert wird und auch im Verlauf streng unilateral geblieben ist. Dies entspricht einer weitgehend aufgabenspezifischen, durch Aktion induzierten Dystonie, wie sie an der Hand (Musiker) immer wieder beschrieben wurde, jedoch unseres Wissens nach bisher nicht für die untere Extremität.