Klinische Neurophysiologie 2003; 34 - 42
DOI: 10.1055/s-2003-816445

Individuelle, funktionelle Lokalisierung des Broca-Areales als Zielpunkt für die repetitive TMS mittels PET

B Habedank 1, A Thiel 1, JC Klein 1, A Schuster 1, WF Haupt 1, WD Heiss 1
  • 1Köln

Die repetitive TMS hat einen festen Platz in der Erforschung sprachlicher Funktionen, sowohl deren passagere Störung als auch Bahnungsphänomene sind beschrieben. Üblicherweise werden die Zielpunkte (z.B. das Broca-Areal), angelehnt an das Internationale 10:20-Elektrodensystem, bestimmt. Der beobachtete Stimulationseffekt liefert ex post die Bestätigung der korrekten Lokalisation. Problematisch wird dieses Verfahren, wenn entweder kein Effekt erzielt wird, oder strukturelle Veränderungen der Zielregion eine Standardmethode unmöglich machen. Dies lässt sich mit den Möglichkeiten der Positronen-Emissions-Tomographie umgehen, weil Sprachaktivierungsaufgaben die interessierenden Areale unabhängig von der individuellen Kortexstruktur und pathologischen Veränderungen sichtbar machen. Vier rechtshändige, gesunde Probanden erhielten eine H2O15-PET-Untersuchung während einer Verbgenerierungsaufgabe (Bildung eines semantisch passenden Verbs zu einem vorgegebenen Substantiv). Dann wurde ein T1-gewichtetes MRT mit den Aktivierungsbildern ko-registriert und computergestützt dreidimensional aufbereitet. Der Zielpunkt für die repetitive TM-Stimulation, das Broca-Areal, ergab sich wie folgt: ausgehend vom Aktivierungsmaximum im linken Gyrus frontalis inferior wurde ein Lot auf den auf der Hautoberfläche gemessenen Auge-Tragus-Abstand gefällt und die daraus entstehenden Streckenabschnitte in mm berechnet. Der in der Literatur gebräuchliche Stimulationspunkt (nach dem 10:20-System die Mitte zwischen Elektrode F5 und F7) wurde ebenfalls auf die Haut projiziert und die Abweichung vom aktivierten Broca-Areal bestimmt. Die mittlere Abweichung des nach dem 10:20-System berechneten Stimulationspunktes von der im PET sichtbaren maximalen Broca-Aktivierung betrug 14,13mm (Spannweite 2,2–22,3mm). In 75% betrug die Abweichung mehr als 12mm. Allein durch die individuelle Variabilität der Kortexoberfläche unterliegt die Lokalisationsmethode nach dem 10:20-System schon einer Messungenauigkeit, die bei den hier untersuchten Normalpersonen die funktionell aktivierte Broca-Region um bis zu 22,3mm verfehlte. Bei Hirntumoren ist unter anderem durch Massenverschiebungseffekte ein solches Standardverfahren nicht mehr anwendbar. Demnach kann eine hohe Treffsicherheit für die repetitive TMS nur mithilfe der Koregistrierung struktureller (MRT) und funktioneller (PET) Bildgebung erzielt werden.