Laryngorhinootologie 2003; 82 - 7
DOI: 10.1055/s-2003-815314

Sinus-Cavernosus-Thrombose als Komplikation einer akuten Sinusitis

A Minovi 1, U Bockmühl 1, E Hofmann 2, W Draf 1
  • 1Klinik für HNO-Krankheiten, Kopf-, Hals- und Plastische Gesichtschirurgie und Kommunikationsstörungen, Klinikum Fulda, Fulda
  • 2Klinik für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, Klinikum Fulda, Fulda

Einleitung:

In der präantibiotischen Ära waren intrakranielle Komplikationen bei akuter Sinusitis sehr häufig [1]. Durch die Einführung hochwirksamer Antibiotika sind diese selten geworden. Zu den intrakraniellen Komplikationen der akuten Nasennebenhöhlenentzündung zählen: Meningitis, epiduraler Abszess, subdurales Empyem, Osteomyelitis und die Sinus-cavernosus-Thrombose [2, 3]. Sie können einzeln oder kombiniert auftreten und werden am häufigsten durch eine Sinusitis frontalis, gefolgt von der Sinusitis sphenoidalis verursacht. Die Sinus-cavernosus-Thrombose ist am häufigsten mit einer Sphenoethmoiditis vergesellschaftet. Wir berichten über einen Patienten mit einer Sinus-cavernosus-Thrombose im Gefolge einer akuten Sinusitis maxilloethmoidalis.

Fallbericht:

Der 49-jährige nicht insulinpflichtige Diabetiker wurde uns im somnolenten Zustand notfallmäßig eingewiesen. Der Patient klagte über starke Schmerzen im Bereich der rechten Wange und eine schmerzhafte Beweglichkeitseinschränkung des Halses. Bis zu diesem Zeitpunkt war keine Therapie erfolgt. Bei der HNO-ärztlichen Untersuchung zeigte sich eine massive Schwellung der rechten Gesichtsweichteile mit Hautnekrosen, rechts endonasal ausgeprägte, blutig tingierte Eiterstrassen mit Teilnekrosen des Nasenseptums. Die linke Nasenhaupthöhle erschien reizlos. Die Augenlider waren geschwollen. Es bestand eine Chemosis mit nach lateral eingeschränkter Bulbusbeweglichkeit als Zeichen einer Abduzensparese. Der Patient wies septische Temperaturen (40°C) und einen CRP-Wert von 38mg/dl auf. Der Glukosespiegel lag bei über 600mg/dl.

Die Computertomographie der Nasennebenhöhlen zeigte folgenden Befund: ausgedehnte phlegmonöse rechtslastige Entzündung der Gesichtsweichteile, eine Maxilloethmoiditis mit beginnender entzündlicher Infiltration des periorbitalen Fettgewebes ohne eindeutige Zeichen einer intraorbitalen Abszessbildung. Thrombose der rechten Vena ophthalmica und des rechten Sinus cavernosus (siehe Abb. 1).

Die Behandlung des Patienten wurde mit einer hochdosierten iv-Antibiose aus einer Kombination von Ceftriaxon und Metronidazol eingeleitet. Aufgrund der vorliegenden intrakraniellen Komplikation entschieden wir uns zu einer notfallmäßigen mikroskopisch-endoskopisch endonsalen Nasennebenhöhlenoperation. Dabei führten wir auf der rechten Seite eine Stirnhöhlen-Typ-I-Drainage nach Draf, eine komplette Sphenoethmoidektomie und eine breite Kieferhöhlendrainage durch. Die histologische Untersuchung ergab eine floride, nekrotisierende Entzündung ohne Hinweis auf eine Systemerkrankung (z.B. Morbus Wegener, T-Zell-Lymphom) oder Malignität. Die Abstrichuntersuchung erbrachte reichlich Staphylococcus aureus. Postoperativ wurde die parenterale Antibiotikatherapie fortgesetzt und der Blutzucker eingestellt. Zusätzlich bekam der Patient Heparin.

Fortschreitende Nekrosen im Bereich der Nasen- und der Nasennebenhöhlenschleimhaut und kernspintomographischer Nachweis einer Abszedierung im Subkutangewebe der rechten Wange unter Beteiligung der lateralen Ethmoidalwand. Wegen der Verschlechterung des Lokalbefundes erfolgte deshalb eine endonasale Revisionsoperation (Nekrosenabtragung, Entfernung der Lamina papyracea und Schlitzung der Periorbita). Unter Fortsetzung der hochdosierten Antibiose, Einstellung des Blutzuckers und täglicher Nasenpflege kam es anschließend zu einer deutlichen Besserung des Lokalbefundes mit Reperfusion des rechten Sinus cavernosus. Der Patient konnte in gutem Allgemeinzustand und ohne bleibende neurologische Ausfälle entlassen werden.

Schlussfolgerungen:

Die Sinus-cavernosus-Thrombose ist eine seltene, aber lebensbedrohliche, intrakranielle Komplikation der Sinusitis [4]. Durch die Einführung der modernen Breitspektrumantibiotika konnte die Prognose dieser Erkrankung deutlich gebessert werden. Entscheidend für den Verlauf ist die frühe Diagnose und der sofortige Therapiebeginn [5]. In den meisten Fällen lässt sich anhand des klinischen Bildes die Verdachtsdiagnose stellen. Zusätzlich sind moderne bildgebende Verfahren (MRT, CT und gegebenenfalls MR-Angio) für die Erkennung wichtig. Die Behandlung beinhaltet die sofortige hochdosierte Kombinationstherapie mit Breitbandantibiotika und Antikoagulantien sowie die chirurgische Sanierung und Drainage des Infektionsherdes. Schließlich erfordert diese Erkrankung eine multidisziplinäre Zusammenarbeit.

Abb. 1

Literatur:

1. Amran M, Sidek DS, Hamzah M, Abdullah JM, Halim AS, Johari MR, Hitam WH, Ariff AR. Cavernous sinus thrombosis secondary to sinusitis. J Otolaryngol. 2002; 31: 165–9.

2. Berenholz L, Kessler A, Shlomkovitz N, Sarfati S, Segal S. Superior ophthalmic vein thrombosis: complication of ethmoidal rhinosinusitis. Arch Otolaryngol Head Neck Surg. 1998; 124: 95–7.

3. Gallagher RM, Gross CW, Phillips CD. Suppurative intracranial complications of sinusitis. Laryngoscope. 1998; 108: 1635–42.

4. Kleinjung T, Held P, Arndt O, Hosemann W. Bilateral periorbital edema and right abducens nerve paralysis. Acute right pansinusitis with bilateral cavernous sinus thrombosis. HNO. 2000; 48: 702–3.

5. Odabasi AO, Akgul A. Cavernous sinus thrombosis: a rare complication of sinusitis. Int J Pediatr Otorhinolaryngol. 1997; 39: 77–83.