Pneumologie 2004; 58(2): 116-117
DOI: 10.1055/s-2003-812494
Workshop Report
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Seminar „Klinische Zytologie in der Pneumologie”
21. - 22. November 2003, Halle/Saale

Seminar on “Clinical Cytology in Pneumology”R.  Heine1
  • 1Diakoniekrankenhaus, Medizinische Klinik, Halle
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Publication Date:
12 February 2004 (online)

Am 21. und 22. November 2003 fand in Halle/Saale zum zweiten Mal das Seminar „Klinische Zytologie in der Pneumologie” statt. Bereits im Jahr zuvor trafen sich klinisch tätige Zytologen und Pathologen aus vielen Teilen Deutschlands in Halle/S., um über Probleme der Zytologie in der Pneumologie zu sprechen und zu diskutieren. Fundierte Vorträge und lebhafte Diskussionen zeigten, dass der dringende Bedarf an einem wissenschaftlichen Erfahrungsaustausch auf diesem Gebiet besteht. In diesem Jahr wurden Methoden der Materialentnahme für die zytologische Diagnostik, die Ergebnisse der Verfahren und Zellbefunde besprochen. Darüber hinaus ging es um die Problematik der entzündlichen Pseudotumoren und die Pleurazytologie.

Leonhardt (Leipzig) präsentierte Ergebnisse von 2267 transthorakalen Herdpunktionen und typische Zellbefunde. In 63,6 % wurden maligne und in 36,4 % benigne Läsionen diagnostiziert. Komplikationen (Pneumothorax, Hämoptysen) wurden in 11,24 % beobachtet. Stichkanalmetastasen kommen bei der Verwendung von Feinnadeln nicht vor. Es handelt sich um ein unentbehrliches Untersuchungsverfahren zur Diagnostik peripherer Lungenherde und mediastinaler Veränderungen. Heine (Halle) verwies auf die Methode der Katheterbiopsie, die, in den 50er-Jahren von Friedel inauguriert, auch heute noch zu den leistungsfähigen Methoden für die Gewinnung zytologischen Materials bei peripheren und zentralen Lungenprozessen gehört. Die ausgezeichnete Materialqualität erlaubt eine sichere Beurteilung der Präparate. Die Effizienz der Methode für die Klärung von peripheren Herdbefunden wurde in Abhängigkeit von Tumorgröße und Lokalisation mit 28 - 81 % angegeben. Darüber hinaus kann das Verfahren, zusätzlich zur Zangenbiopsie bei zentralen Tumoren eingesetzt, gewinnbringend sein. Außerdem wurde über die Methode der perbronchialen (trachealen) Punktion berichtet. Eine Analyse der eigenen Ergebnisse von 1163 Fällen zeigte, dass in ca. 48 % mittels perbronchialer (trachealer) Punktion Malignität nachgewiesen werden konnte. In ca. 44 % wurde kein klärendes Ergebnis erzielt. Die Anwendung der starren Nadel kann die Sensitivität der Methode erhöhen. Bemerkenswert ist, dass der negative Vorhersagewert bei 76 % liegt, wenn im Bioptat Lymphozyten gefunden werden, aber Tumorzellen fehlen. Komplikationen wurden nicht gesehen. Beyer (Ballenstedt) berichtete über die Ergebnisse von 370 transösophagealen Sonographien mit Feinnadelpunktion mediastinaler Prozesse. Die Trefferquote lag für mediastinale Lymphknotenvergrößerungen bei 92 %, für mediastinale Tumoren bei 100 % und für Lungenprozesse bei 96 %. In nur einem Fall wurde eine Komplikation beobachtet. Es handelte sich um eine Mediastinitis nach Punktion einer bronchogenen Zyste. Über die Möglichkeiten des Einsatzes unterschiedlicher Färbeverfahren berichtete Frau Wollschläger (Halle). Im Rahmen der klinischen Zytologie wird offensichtlich die Giemsa-Färbung bevorzugt. Andere Kollegen favorisieren den parallelen Einsatz von Giemsa und Papanicolaou (Engels, Düren).

Knolle (Dessau) gab eine Übersicht über die entzündlichen Pseudotumoren aus der Sicht des Pathologen. Nach der Definition von Colby handelt es sich dabei um eine umschriebene, zumeist solitäre tumorartige Veränderung, welche das Gewebe zerstört und aus kollagenen Fasern, Entzündungszellen und benignen mesenchymalen Zellen (spindelige Myofibroblasten, Fibroblasten, Plasmazellen, Lymphozyten, Schaumzellen, Riesenzellen, Makrophagen) zusammengesetzt ist. Nach der neuen Nomenklatur handelt es sich um einen inflammatorischen oder inflammatorischen myofibroblastischen Pseudotumor. Welker (Großhansdorf) zeigte, dass es problematisch aber möglich ist, entzündliche Pseudotumoren auch zytologisch zu diagnostizieren. Der Berücksichtigung der Klinik kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Zytologisch ist der fehlende Nachweis von malignen Zellen und benignen tumorförmigen Läsionen zu fordern. Der zytologische Nachweis von Granulozyten und Gewebemastzellen (keine Bakterien), von schaumig-vakuolisierten Alveolarmakrophagen und der Hyperplasie kubischer Epithelien sowie die Proliferation mesenchymaler Zellen sprechen für das Vorliegen eines entzündlichen Pseudotumors.

Litwinenko (Halle), Heine (Halle), Holzhausen (Halle) und Taege (Halle) stellten eigene Ergebnisse vergleichender Untersuchungen der Pleuraergusszytologie, Pleuratupfzytologie und Pleurahistologie vor. 66 Fälle waren untersucht worden. Die Sensitivität der Ergusszytologie lag bei 67,6 % (61,2 % ohne Mehrfachpunktion). Die Spezifität betrug 91,6 %, der positive Vorhersagewert 91,3 % und der negative Vorhersagewert 68,7 %. Für die zytologische Untersuchung der Pleuratupfpräparate wurde eine Sensitivität von 97,1 % und eine Spezifität von 96 % angegeben. Der positive prädiktive Wert lag bei 97,1 und der negative prädiktive Wert bei 96 %. Damit kommt der Pleurazytologie für die Abklärung der Ergussursache eine große Bedeutung zu. Für eine lebhafte Diskussion sorgte die Vorstellung eines falsch positiven zytologischen Befundes, der vom zytologischen Resultat her keinen Zweifel an der Malignität ließ. Histologischer Befund und der klinische Verlauf jedoch bewiesen, dass es sich um einen falsch positiven Befund handeln musste.

Frau Riha (Coswig) zeigte Probleme der Einordnung von reaktiv veränderten Pleuradeckzellen auf. Dabei kam zum Ausdruck, dass die Betrachtung des zytologischen Gesamtbildes erforderlich ist, um die Ergussursache zu erkennen. Die Beurteilung einer Einzelzelle erlaubt aufgrund der erheblichen Variationen reaktiver Veränderungen der Mesothelien im Allgemeinen nicht immer eine exakte Einordnung. Frau Engels (Düren) stellte Zellbefunde bei malignen Pleuraergüssen vor. Dabei erörterte sie noch einmal die Vor- und Nachteile von Papanicolaou- und Giemsa-Färbung. Sie zeigte auch Möglichkeiten und Grenzen der Lymphomdiagnostik im Ergussmaterial auf. Steffen (Wolfsburg) ging auf die Problematik der Zytodiagnostik bei benignen Erkrankungen ein. Hierbei sollte neben der Differenzierung der Entzündungszellen die Mesothelreaktion Beachtung finden. Somit kann bei einer starken mesothelialen Reaktion eine Tuberkulose z. B. nicht Ursache der Ergussbildung sein. Darüber hinaus wies er darauf hin, dass Pleuraergüsse mit einem Eiweißgehalt zwischen 20 und 30 g/l besondere Beachtung finden müssen, weil es sich dabei um Transsudate handelt, die durch Entzündung, Tumor oder Diuretikatherapie modifiziert sind. Schalleschak (Wien) zeigte seltene Befunde in der Pleuraergusszytologie. Neben Zellen eines adenoidzystischen Karzinoms, Echinokokkushäkchen und Reed-Sternberg-Zellen wurden auch pflanzliche Zellen präsentiert, die im Rahmen einer Ösophagusruptur in die Pleurahöhle gelangt waren. Meister (Diekholzen) berichtete über eigene Erfahrungen und Probleme der Zytodiagnostik kleinzellig anaplastischer Karzinome. Dabei wies er besonders auf mögliche Fehlinterpretationen hinsichtlich des Tumortyps hin. In der Diskussion kam zum Ausdruck, dass die Zytologie gerade hinsichtlich der Typendiagnostik beim anaplastisch kleinzelligen Karzinom sehr hilfreich sein kann. Hierbei kommt der engen Kooperation zwischen Pathologen und klinisch tätigem Zytologen eine besondere Bedeutung zu. Wie im vergangenen Jahr fand auch diesmal das Mikroskopierquiz, welches von Frau Gosse (Leipzig) und Frau Gütz (Leipzig) vorbereitet und durchgeführt wurde, besondere Beachtung. Dabei war die Präsentation eines lymphoplasmazytoiden NHL im Erguss eine besondere Herausforderung.

Die Seminarteilnehmer nutzten mit großem Interesse die Gelegenheit, die vorgestellten Präparate selbst mikroskopisch zu untersuchen und eigene Fälle vorzustellen.

Zu den Referenten und Seminarteilnehmern gehörten zytologisch tätige Kliniker und Pathologen. Damit wurde auch mit diesem Seminar die Bedeutung der intensiven Zusammenarbeit von Klinikern und Pathologen auf dem Gebiet der klinischen Zytodiagnostik unterstrichen.

Die Veranstaltung fand insgesamt positive Resonanz und hat gezeigt, dass der Bedarf des Erfahrungsaustausches auf dem Gebiet der Zytologie in der Pneumologie besteht.

Die Teilnehmer kamen zu der Auffassung, dass das Hallesche Zytologieseminar einmal im Jahr stattfinden soll. Durch das jährliche Treffen ist die Möglichkeit der regelmäßigen klinisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Problemen auf dem Gebiet der klinischen Zytodiagnostik bei Lungenerkrankungen gegeben.

Dr. med. R. Heine

Diakoniekrankenhaus · Medizinische Klinik

Lafontainestr. 15

06114 Halle

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