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DOI: 10.1055/s-2003-45472
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Fragen für den Facharzt
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
27. Oktober 2003 (online)
Frage 1 - Onkologie Welche der folgenden Aussagen zum metachronen Hodentumor eines extragonadalen Keimzelltumors treffen zu? 5 % - 7 % der malignen Keimzelltumoren manifestieren sich primär extragonodal. Extragonadale Manifestationen finden sich vor allem im Mediastinum und im Retroperitoneum. Das Risiko für die Entwicklung eines metachronen gonadalen Keimzelltumors ist erhöht, wenn ein nichtseminomatöser Keimzelltumor im Mediastinum oder Retroperitoneum vorliegt. Metachrone Hodentumoren werden meistens kurz nach Manifestation eines primär extragonadalen Keimzelltumor diagnostiziert. Antworten: 1 und 2 sind richtig 2 und 4 sind richtig 2 und 3 sind richtig 1, 2 und 3 sind richtig alle sind richtig
Frage 2 - Andrologie Welche der folgenden Aussagen zur Äthiopathogenese der Induratio penis plastica treffen zu? Histologisch zeigt sich ein fibrotischer, initial entzündlicher Plaque, der bei einen progredienten Verlauf kalzifiziert. Neben traumatischen werden infektiöse, genetische und immunologische Ursachen vermutet. Eine Assoziation mit Antigenen des HLA-System kann nach neuen Ergebnissen ausgeschlossen werden. Nach einer wichtigen Hypothese kommt es durch den Geschlechtsverkehr zu wiederholten Mikrotraumen in der Tunica albuginea mit anschließender Aktivierung von Wundheilungsprozessen und Entwicklung der fibrotischen Plaques. Antworten: 1 und 2 sind richtig 2 und 4 sind richtig 2 und 3 sind richtig 1, 2 und 3 sind richtig alle sind richtig
Antwort 1 - Onkologie Die Pathogenese der primären extragonodalen Keimzelltumoren (PEK) ist unklar. Ursprungsort ist wahrscheinlich eine TIN, welche aus einer malignen Transformation der pluripotenten Zelle entsteht. So verwundert es nicht, das bei 20-40 % der Patienten mit PEK simultan eine TIN nachgewiesen werden kann. Unklar ist auch, ob die PEK primär testikulär entstehen und sich später an anderer Lokalisation als Metastasen manifestierten. Am häufigsten finden sich PEK im Retroperitoneum oder Mediastinum. Aber auch andere Lokalisationen wie Wirbelkörper oder Becken wurden bisher beschrieben (s. a. Bokemeyer C, et al.: Extragonadal germ cell tumors of the mediastinum and retroperitoneum: results from an international analysis. J Clin Oncol 2002; 20: 1864-1873). Metachrone Hodentumoren treten in weniger als 5 % der Fälle auf. Durchschnittlich nach 5-8 Jahren nach Diagnose eines PEK werden metachrone Hodentumoren in der Literatur beschrieben. Das Risiko für die Entwicklung eines metachronen gonadalen Hodens ist besonders dann gegeben, wenn ein nichtseminomatöser Keimzelltumor im Mediastinum oder Retroperitoneum vorlag. Antwort D ist richtig. Bezug: Häcker et al.: Metachroner Hodentumor eines extragonadalen Keimzelltumors. Seite 413
Antwort 2 - Andrologie Bereits 1999 wurde an gleicher Stelle von derselben Arbeitsgruppe eine Übersichtsarbeit zur Induratio penis plastica publiziert (Hauck et al.: Induratio penis plastica. Akt Urol 30: 386-404). Im Vergleich beider Arbeiten ist didaktisch hervorragend die Entwicklung des Kenntnisstandes bezüglich der Äthiopathogenese der IPP herausgearbeitet. In beiden Arbeiten werden neben traumatischen auch infektiöse, genetische und immunologische Ursachen vermutet. Auch die Hypothese der Induktion der IPP durch Mikrotraumen an der Tunica albuginea kann ihren Stellenwert behaupten. Andere Konzepte und Hypothesen können durch den Kenntniszugewinn nicht mehr gehalten werden. Beispielsweise wird bei der Arbeit von 1999 eine Assoziation zwischen IPP und HLA-System vermutet. Heute, 4 Jahre später, ist eindeutig nachgewiesen, dass die IPP keine Assoziation mit dem HLA-System hat. Der Einfluss von NO, oxidativem Stress und Antioxidantien auf die IPP war 1999 nicht bekannt. Die jetzt vorgestellte Arbeit zeigt Ergebnisse von Untersuchungen an verschiedenen Tiermodellen und Zellkulturen die vermuten lassen, dass die Suppression der Nitrioxidsynthase bei der Pathogenese der IPP eine Rolle spielt. Insgesamt können die Autoren wesentlich mehr Faktoren als mögliche Ursachen bzw. Bestandteile einer pathophysiologischen Kaskade, die die Ausbildung einer IPP wie bFGF, MCP-1, p53 u. a. induziert, aufführen. Beide Arbeiten zusammen zeigen eindrucksvoll, wie intensiv und dynamisch an der Äthiopathogenese der IPP und damit an einer möglichen kausalen Therapie weltweit gearbeitet wird. So bleibt nur die Hoffnung, dass bei der nächsten Präsentation der Arbeitsgruppe um Hauck et al. die exakte Äthio-pathogenese der IPP vorgestellt werden kann. Antwort E ist richtig. Bezug: Hauck et al.: Neue Aspekte zur Ätiopathogenese der Induratio penis plastica. Seite 387
Frage 3 - Onkologie Welche der folgenden Aussagen sind zutreffend? Im Gesamtkollektiv der ausgewerteten Patienten hatten, bei Verwendung eines Grenzwertes zwischen 14 und 15 entfernten Lymphknoten, die Patienten mit <14 Lymphknoten eine signifikant bessere Prognose als diejenigen mit >15 entfernten Lymphknoten. Die ausgedehnte Lymphadenektomie war mit keiner erhöhten Gesamtmorbidität belastet. Lymphknotenmetastasen fanden sich mit ca. 46 % am häufigsten lateral der A. iliaca externa und stellen damit Lymphknoten erster Ordnung dar. Für die Prognose nach radikaler Zystektomie ist eine sorgfältige ausgedehnte Lymphadenektomie entscheidend. Antworten: 1 und 4 sind richtig 2 und 3 sind richtig 1,2 und 4 sind richtig 2 und 4 sind richtig alle Antworten sind richtig
Frage 4 - Urologie Welche der folgenden Aussagen treffen zu? Nach primärem Blasenverschluss und kompletter Rekonstruktion der Blase und des äußeren Genitale kann eine so genannte low-compliance Blase bestehen mit entsprechenden Blasenfunktionsstörungen und Gefährdung des oberen Harntraktes. Bei Kindern, bei denen keine adäquate medizinische Versorgung gewährleistet ist, insb. Kindern aus Dritte Weltländern, ist die beste Form der Harnableitung eine Niederdruckableitung mittels Ileum- oder Colon-Conduit. Die frei liegende Blasenplatte ist nach der Geburt mechanischen Reizen und Kontaminationen ausgesetzt und muss daher innerhalb der ersten Lebenstage verschlossen werden. Bei Mädchen ist auch das innere Genitale unvollständig angelegt. Antworten: nur 1 1 und 3 1, 2 und 3 3 und 4 alle sind richtig
Antwort 3 - Onkologie Im Gesamtkollektiv der ausgewerteten Patienten hatten die Patienten mit <14 entfernten Lymphknoten eine signifikant schlechtere Prognose als diejenigen mit >15 entfernten Lymphknoten (Antwort 1 ist falsch). Die ausgedehnte Lymphadenektomie war trotz ausgedehnter OP mit keiner erhöhten Gesamtmorbidität belastet (Antwort 2 ist richtig). Lymphknotenmetastasen fanden sich mit ca. 46 % am häufigsten zwischen N. obturatorius und V. iliaca externa (Lymphknoten erster Ordnung). Lateral der A. iliaca externa und zwischen Aortenbifurkation und der Aufzweigung der Iliakalarterien befanden sich 17-22 % der Lymphknotenmetastasen (Lymphknoten zweiter Ordnung) (Antwort 3 ist falsch). Für die Prognose nach radikaler Zystektomie ist eine sorgfältige ausgedehnte Lymphadenektomie mit radikaler Zystektomie entscheidend (Antwort 4 ist richtig) Antwort D ist richtig Bezug: Leißner et al.: Stellenwert der pelvinen Lymphadenektomie für Therapie und Prognose des Harnblasenkarzinoms Seite 392
Antwort 4 - Urologie Die Behandlungsziele beinhalten den langfristigen Erhalt der Nierenfunktion mit freiem Harnabfluss, eine zumindest „soziale” Urinkontinenz tagsüber und nachts und eine normale vita sexualis einschließlich Schwangerschaft bei Mädchen. Dieses wird zurzeit in vielen Kliniken weltweit mit einer primären kompletten Rekonstruktion in einem Schritt angestrebt. Dennoch sind in großen Zentren mit viel Erfahrung auch mehrzeitige, sog. staged-procedures mit großem Erfolg etabliert. Bei den meisten operativen Behandlungsstrategien wird versucht, die Blasenplatte zu erhalten. Viele Kinder erfordern jedoch weiterhin zusätzliche Eingriffe, da sich die Blasenfunktion nicht ausreichend entwickelt. Probleme sind insbesondere: ein insuffizienter Blasenhals mit resultierender Inkontinenz sowie eine kleinkapazitäre low-compliance Blase mit nachfolgenden Problemen wie persistierendem vesikorenalen Reflux und Dilatation des oberen Harntraktes. Die „nasse” Form der Harnableitung ist heute sicher die letzte Wahl der Harnableitung bei Ekstrophiepatienten und sollte insbesondere für Patienten vorbehalten bleiben, bei denen aus verschiedenerlei Gründen keine andere Form der kontinenten Harnableitung infrage kommt oder bei Patienten mit massiv eingeschränkter Nierenfunktion. Bei medizinisch schlecht versorgten Kindern oder bei Kindern aus Dritte Weltländern ist die notwendige Beutelversorgung bei einem Conduit sicherlich ein großes Problem und die soziale Akzeptanz ebenfalls infrage gestellt. Bei diesen Kindern scheint, sofern die Nierenfunktion es zulässt, eine kontinente Ableitung in Form eines Mainz-Pouch-II eine vernünftige Lösung zu sein. Die offenliegende Urethral- und Blasenschleimhaut geht direkt in die umgebende Haut über. Die Ureteren münden refluxiv. Das Trigonum ist nicht angelegt. Die Blasenmukosa besteht bei Geburt aus normalem Übergangsepithel und ist in der Tat Reizen ausgesetzt, die nach Monaten bis Jahren zu entzündlichen Veränderungen, Ulzerationen und maligner Entartung (v.a. Adenokarzinome) führen können. Patienten mit korrigierter Epispadie unter Erhalt der eigenen Blasenplatte sollten daher ab ca. dem 15. Lebensjahr regelmäßig endoskopiert werden. Die Blasenplatte muss allerdings nicht sofort verschlossen werden und kann gut zunächst mit feuchten Kompressen abgedeckt werden, um ggf. einen primären kompletten Verschluss mit Rekonstruktion innerhalb der ersten Lebenswochen in einem spezialisierten kinderurologischen Zentrum zu planen. Bei Mädchen klaffen die beiden Hälften des Mons pubis und der Klitors, die Labien sind meist nur rudimentär angelegt. Das innere Genitale ist in den meisten Fällen normal angelegt, jedoch können Strukturen der beiden Müllerschen Gänge doppelt angelegt sein. Bei Jungen divergieren die Corpora cavernosa. Der Penis erscheint verkürzt und zeigt eine dorsale Kuvatur. Dieses ist durch die rudimentär angelegte Urethralplatte bedingt. Die Skrotalhälften stehen meist breit auseinander, die Hoden sind meist deszendiert, allerdings mit offenem Processus vaginalis. Antwort A ist richtig Bezug: Riccabona et al.: Blasenekstrophie-Epispadie-komplex: Management und präliminare Ergebnisse Seite 402