Aktuelle Rheumatologie 2003; 28 - A_10
DOI: 10.1055/s-2003-45030

Mucolipidose Typ III: Seltene Differenzialdiagnose bei progredienten Gelenkkontrakturen

G Reutter 1, O Rompel 2
  • 1Abteilung für Pädiatrische Rheumatologie, Klinik für Kinder und Jugendliche and
  • 2FE Kinderradiologie, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Klinikum Nürnberg Süd, Nürnberg, Germany

Einleitung: Mucolipidose Typ III (Pseudo-Hurler Polydystrophie) ist eine seltene, autosomal-recessiv vererbte Stoffwechselerkrankung, bei der progrediente Gelenkkontrakturen im Vordergrund stehen.

Kasuistik: Ein bei Erstvorstellung 11-jähriger Junge mit Gelenkkontrakturen im Bereich der Hand-, Ellenbogen- und Hüftgelenke sowie typischen radiologischen Veränderungen des Beckens sowie der LWS. Krallenstellung der Finger, Karpaltunnelsyndrom beidseits. Normale intellektuelle Entwicklung, keine kardiale oder okuläre Beteiligung. Laborchemisch drastische Erhöhung lysosmaler Enzyme im Serum mit deutlicher Erniedrigung in den Fibroblasten. Normale Ausscheidung von Mucopolysacchariden.

Diskussion: Die Mucolipidose Typ III (Pseudo-Hurler-Polydystrophie) ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte Stofwechselerkrankung mit einem Defekt des Enzyms N-Acetylglucosaminyl-1-phosphotransferase. Dadurch werden neu synthetisierte lysosomale Enzyme nicht in Lysosomen aufgenommen, sondern extrazellulär freigesetzt. Dies führt zu einer erhöhten Konzentration lysosomaler Enzyme im Serum und verminderten Konzentrationen dieser Enzyme in Fibroblasten (bei normaler Ausscheidung von Mucopolysacchariden im Urin). Klinisch steht die Beteiligung des Bewegungsapparates im Vordergrund: Ab dem 4. Lebensjahr kommt es zu einer langsam zunehmenden Bewegungseinschränkung, zunächst der Hand- und Schultergelenke, später auch der Hüftgelenke. Skoliose, Karpaltunnelsyndrom sowie Minderwuchs sind ebenfalls häufig. Diagnostisch hinweisend sind typische radiologische Veränderungen im Bereich des Beckens, der Hüftgelenke sowie der LWS. Okuläre (korneale Trübung, Retinopathie, Astigmatismus) und kardiale (v.a. Aorteninsuffizienz) Beteiligungen können auftreten. Bis zu 50% der Kinder sind mental retardiert. Im weiteren Verlauf steht die allgemeine, progrediente Bewegungseinschränkung mit Gelenkkontrakturen im Vordergrund. Eine pränatale Diagnostik ist möglich, eine molekulargenetische Zuordnung noch ausstehend.

Fazit: Bei progredienten Gelenkkontrakturen mit entsprechenden radiologischen Befunden sollte eine Mucolipidose Typ III in Betracht gezogen werden.