Viszeralchirurgie 2003; 38(3): 205-210
DOI: 10.1055/s-2003-40017
Der akademische Vortrag
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Antiangiogenetische Therapieansätze beim Pankreaskarzinom

Anti-angiogenetic Therapy Strategies Against Pancreatic CancerC.  J.  Bruns1
  • 1Chirurgische Klinik u. Poliklinik Großhadern LMU München
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Publikationsdatum:
18. Juni 2003 (online)

Spectabilität, sehr geehrte Professorinnen und Professoren, sehr geehrte Kollegen

Das Thema dieses Vortrages ist „Antiangiogenetische Therapieansätze beim Pankreaskarzinom”. Beginnen möchte ich mit einem kurzen Überblick über den aktuellen Stand der Therapie beim Pankreaskarzinom in der Klinik.

Mit einer Inzidenz von 11 000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland ist das Pankreaskarzinom mittlerweile die 5. häufigste Krebserkrankung in Deutschland und stellt die 6. häufigste krebsbedingte Todesursache dar. Bedingt durch die Unmöglichkeit der Frühdiagnose, das aggressive lokale Wachstum und die frühzeitige lymphogene und hämatogene Metastasierung, ist die Inzidenzrate beim Pankreaskarzinom fast identisch mit der Mortalitätsrate. Die kurative chirurgische Resektion im Sinne einer kompletten oder partiellen Pankreatikoduodenektomie ist nur bei 20 % der Patienten möglich, davon liegt die R0-Resektionsrate allerdings nur bei 10 - 50 %. Es gibt bislang keine effektive systemische Therapie für das Pankreaskarzinom und damit erklärt sich die insgesamte 5-Jahres-Überlebensrate von kleiner als 5 %. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung liegt nur bei 20 % der Patienten ein auf das Pankreas lokalisiertes Wachstum vor ohne Nachweis von Metastasen mit einer mittleren Überlebenszeit von 12 Monaten. Bei weiteren 40 % der Patienten ist das Pankreaskarzinom bereits lokal fortgeschritten und geht einher mit einer mittleren Überlebenszeit von nur noch 6 Monaten. Weitere 40 % der Patienten haben bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung viszerale Metastasen und damit eine mittlere Überlebenszeit von nur noch 4 Monaten. Die Erfolglosigkeit der bisherigen systemischen Therapien wird in einer Zusammenstellung klinischer Studien der Jahre 1991 - 1994 gezeigt: In 28 Phase II klinischen Studien mit insgesamt 25 neuen chemotherapeutischen Ansätzen lag die mediane objektive Responserate bei 0 % und das insgesamte mediane Überleben bei 3 Monaten [1].

Gemcitabine ist mittlerweile das Chemotherapeutikum der ersten Wahl für verschiedene Stadien des Pankreaskarzinoms. Es handelt sich um einen Pyrimidinantimetabolit, der durch Inkorporation die DNA-Synthese hemmt und damit zytotoxisch wirkt. Gemcitabine führt zu einer deutlichen Verbesserung der klinischen Symptomatik und damit der Lebensqualität der Patienten und immerhin zu einer 1-Jahres-Überlebensrate von 18 % der Patienten vs. 2 % nach Behandlung mit 5-FU. Die partielle Remissionsrate ist mit 5 - 15 % mäßig. In Kombination mit Cisplatin ließ sich das mediane Überleben für das fortgeschrittene oder metastatische Pankreaskarzinom auf 7 - 8 Monate, mit 5-FU sogar auf maximal 13 Monate verlängern [2]. Trotz der auf Gemcitabine basierenden Erfolg versprechenden Studien mittlerweile auch in Kombination mit Strahlentherapie im neoadjuvanten bzw. adjuvanten Setting, ist die insgesamte Prognose beim Pankreaskarzinom nach wie vor schlecht.

Daher haben wir uns die die Frage gestellt, inwieweit neue tumor- bzw. molekularbiologische Therapiestrategien eine Einsatzberechtigung beim Pankreaskarzinom haben. Grundvoraussetzung für die klinische Evaluation neuer Therapiestrategien sind geeignete, realitätsbezogene Tiermodelle.

So möchte ich im 1. Teil dieses Vortrages über die Entwicklung unseres orthotopen Pankreastumormodells sprechen, im 2. Teil und 3. Teil über zwei neue molekularbiologische Therapiestrategien für das Pankreaskarzinom, einmal im Sinne einer indirekten antiangiogenetischen Therapie durch Blockade der EGF-R-Signaltransduktion und einmal im Sinne einer dirketen antiangiogenetischen Therapie durch Blockade des VEGF-R2-Signaltransduktion auf Endothelzellen.

Für die Entwicklung dieses orthotopen Nacktmausmodells haben wir die humane Pankreasadenokarzinomzelllinie COLO357 verwendet, die von Morgan et al. 1980 aus einem Truncus-coeliacus-Lymphknoten entwickelt wurde, der zum Teil von Pankreasadenokarzinom infiltriert war. Die Arbeitsgruppe Vezeridis et al. hat in vitro eine langsam wachsende (SG) und eine schnell wachsende (FG) Zelllinie isoliert, die in vivo bereits ein unterschiedliches metastatisches Potenzial hatten: SG war nicht metastatisch nach subkutaner Injektion in den Nacken der Nacktmaus, FG verursachte axillär Lymphknotenmetastasen. FG-Zellen wurden anschließend wiederholt in die Leber und schließlich in die Milz der Nacktmaus injiziert. Es entstanden experimentelle Lebermetastasen. Durch Milzinjektion werden allerdings lediglich die Zellen selektioniert, die die Fähigkeit haben, am Lebergefäßendothel anzuhaften, ins Parenchym zu infiltrieren und dort zu proliferieren. Diese Limitierung des bereits begonnenen Selektionsprozesses hinsichtlich der Metastasierungsfähigkeit veranlasste uns, die humanen Pankreastumorzellen orthotop in das Pankreas der Nacktmaus zu injizieren. Die nach 3 Monaten entstandenen spontanen Metastasen wurden daraufhin in vitro kultiviert und der Pankreas-Leber-Selektionsprozess mehrmals wiederholt. Die spontan entstandenen Metastasen hatten sämtlich Anforderungen der metastatischen Kaskade überwunden wie Degradierung der ECM, Detachment vom Primärtumor etc. und repräsentieren dementsprechend wesentlich besser die eigentliche klinische Situation.

Auf diese Art und Weise entwickelten wir die hochmetastatische Zelllinie L3.6pl (Pankreas-Leber-Selektion), die nun mit der Parentalzelllinie FG hinsichtlich ihrer tumor- und molekularbiologischen Eigenschaft verglichen werden konnte und außerdem ein geeignetes Modell zu Tumor- bzw. Metastasentherapie beim Pankreaskarzinom darstellte (Abb. [1]) [3]. Die intrapankreatische Tumorzellinjektion wurde wie folgt vorgenommen: In Peritonealnarkose erfolgt eine links subkostale Erföffnung der Bauchhöhle, die Milz mit darunter fixiertem Pankreasgewebe wird vor die Bauchhöhle verlagert, mit Hilfe eines Applikatorsystems wird ein gesichertes Volumen von 40 µl - 1 ×, 106 Tumorzellen enthaltend - subkapsulär in Pankreaskopf bzw. - korpusbereich injiziert, so dass eine Flüssigkeitsblase abgrenzbar ist, die Injektionsstelle für 1- 2 min abgedichtet und dann injiziertes Pankreas und Milz wieder in die Bauchhöhle verlagert. 35 Tage nach Injektion von 1 ×, 106 Tumorzellen erhielten wir nun die folgenden Pankreastumoren mit SG-, FG-, L3.6si- und L3.6pl-Zellen und man sieht einen deutlichen Größenunterschied im Primärtumor (Abb. [2]). Betrachtete man das kumulative Überleben der Nacktmäuse nach orthotoper Tumorzellinjektion, so zeigte sich, dass 60 % der L3.6pi-Tiere bereits nach 40 Tagen verstorben, während zu diesem Zeitpunkt 100 % der FG-Tiere noch lebendig waren. Die nach 35 Tagen orthotop entstandenen, humanen Pankreastumoren wurden durch In-situ-Hybridisierung hinsichtlich spezifischer RNA-Expression analysiert. Es zeigte sich ein signifikanter Unterschied in der E-Cadherin-Expression zugunsten der Parentalzelltumoren sowie im Gegenzug ein klarer Unterschied hinsichtlich der Expression der Matrixmetalloproteinase MMP2/9 zugunsten der metastatischen L3.6pl-Tumoren. Immunhistochemische Analysen der orthotopen Pankreastumoren ergaben einen wesentlich höheren Proliferationsindex nach Färbung für PCNA in den L3.6pl-Tumoren vs. den FG-Tumoren. Die Proteinproduktion der Proteinase MMP-9 war deutlich höher in L3.6pl- vs. FG-Tumoren und zymographische Untersuchungen haben gezeigt, dass auch die MMP-9-Aktivität in L3.6pl-Tumoren deutlich höher war als in FG-Tumoren. Auch die Expression des proangiogenen Proteins bFGF war deutlich intensiver in L3.6pl- vs. FG-Tumoren, Gleiches galt für die potenten proangiogenen Faktoren VEGF und IL-8. Schließlich ergab die Färbung für CD31 als Endothelzelloberflächenmarker eine signifikant höhere Mikrogefäßdichte in L3.6pi- vs. FG-Tumoren (Abb. [3]). In vitro zeigte sich in ELISA-Experimenten eine signifikant höhere Konzentration von VEGF, bFGF und IL-8 im konditionierten Überstand von L3.6pl-Zellen im Vergleich zu FG-Zellen nach 72-stündiger Inkubation.

Die von uns durch orthotope Injektion und Pankreas-Leber-Selektion entwickelte Pankreastumorzelllinie wies einen hohen Proliferationsindex auf und führte in vivo zu aggressivem lokalen Tumorwachstum. In 35 Tagen entwickelten 50 % der Tiere Lebermetastasen, 100 % der Tieren regionale Lymphknotenmetastasen. Die Primärtumoren exprimierten vermehrt aktive Proteinasen wie MMP-9, im Gegenzug geringe Mengen an E-Cadherin. Die Zellen wiesen ein deutliches angiogenes Potenzial mit hoher Expression von VEGF, bFGF und IL-8 auf, resultierend in einer hohen Mikrogefäßdichte im Bereich der proliferierenden Tumorareale in vivo. Diese Zelllinie und das orthotope Pankreasnacktmausmodell wurden im Weiteren für die Evaluation neuer Therapiestrategien verwendet.

Ich möchte nun zum 2. Teil des Vortrages kommen, nämlich die Frage nach der Einsatzmöglichkeit molekularbiologischer Therapiestrategien beim Pankreaskarzinom und zwar zunächst einmal durch Blockade der EGF-R-Signaltransduktion und dem zugrunde liegenden Wirkmechanismus.

Aus verschiedenen experimentellen Untersuchungen ist bekannt, dass Pankreastumorzellen eine erhöhte Expression des epidermal growth factor receptors (EGF-Rezeptor) und der Liganden EGF und TGF-α haben. Retrospektive klinische Untersuchungen von Yamanake et al. zeigten, dass die Expression des EGF-R und zumindest eines Liganden im Tumorgewebe zu einer signifikant schlechteren Überlebensrate der Patienten führt [4]. Daher war unsere erste biologische Rationale, den EGF-Rezeptor als Target zur Therapie des Pankreaskarzinoms zu benutzen. Es handelt sich um einen Transmembranrezeptor mit intrinsischer Proteintyrosinkinaseaktivität. Die Bindung der Liganden TGF-α oder EGF an der extrazellulären Domäne führt zur Dimerisierung des Rezeptors mit Phosphorylierung der intrazellulär gelegenen Tyrosinkinase und anschließender Aktivierung unterschiedlicher downstream Signaltransduktionswege. Es kommt zur Stimulierung des Zellzyklus und Aktivierung des MAPkinase, Jak-Stat-pathways, src-fak pathways sowie zur Aktivierung von ras und raf mit Phosphorylierung der Transkriptionsfaktoren c-jun und c-fos, die wiederum insbesondere zur Aktivierung von Transkriptionsfaktoren wie AP-1, SP-1 oder nuklear factor kappa B führen. Diese drei Transkriptionsfaktoren haben Bindungsmotive in VEGF- und Interleukin-8-Promoter und führen nach Bindung zu einer vermehrten Transkription dieser proangiogenen Faktoren.

Abb. 1 Entwicklung der hochmetastastischen Pankreasadenokarzinomzelllinie L3.6pl nach Pankreas-Leber-Selektion.

Abb. 2 Primäres Pankreastumorvolumen 35 Tage nach orthotoper Injektion von 1 ×, 106 humanen Pankreastumorzellen.

Abb. 3 Immunhistochemische Analyse des Pankreasprimärtumors für VEGF, IL-8 und CDBI nach orthotoper Tumorzellinjektion.

Abb. 4 EGF-R-mRNA-Expression (Northern-Blot-Analyse) und Proteinfunktion (Western-Blot-Analyse) auf L3.6pl humanen Pankreaskarzinomzellen.

Abb. 5 H&E Färbungen der Parikreastumoren nach Behandlung mit C225 ± Gemcitabine.

Abb. 6 Immunhistochemische Analyse für VEGF und IL-8 in Pankreastumoren 11 Tage nach Therapie mit C225 ± Gemcitabine. Immunhistochemische Fluoreszenzdoppelfärbung für CD31 und TUNEL zur Analyse von apoptotischen Endothelzellen 18 Tage nach Therapie mit C225 ± Gemcitabine.

Abb. 7 Fluoreszenz-Doppelfärbung für CD31 (fluoreszierend rot) und TUNEL (fluoreszierend grün) zur Darstellung apoptotischer Endothelzellen im Pankreasprimärtumor nach Behandlung mit C225 ± Gemcitabine.

Abb. 8 Reduktion der Mikrogefäßdichte in L3.6pl-Pankreastumoren 16 Tage nach Therapiebeginn mit DC101 (Anti-Flk-1) ± Gemcitabine nach immunhistochemischer Färbung für CD31 (kolorimetrisch).

Abb. 9 Steigende Tumorhypoxie in L3.6pl-Pankreastumoren 16 Tage nach Therapiebeginn mit DC101 (Anti-Flk-1) ± Gemcitabine nach immunhistochemischer Färbung für Hypoxyprobe-1.

Die Blockade der EGF-R Signaltransduktion wurde hervorgerufen durch einen monoklonalen antihumanen EGF-R-Antikörper C225.

Dieser von Mendelson entwickelte Antikörper blockiert kompetetiv die Ligandenbindung und damit die ligandeninduzierte Phosphorylierung des Rezeptors [5]. C225 wirkt zytostatisch, nicht zytotoxisch auf Zellen, die EGF-R exprimieren. Interessant für die klinische Anwendung: C225 steigert in vivo die zytotoxische Wirkung von Doxorubicin und Cisplatin [6].

Durch Northern-Blot-Analyse haben wir zunächst für die L3.6pl Zellen sichergestellt, dass auf diesen Zellen der EGF-R exprimiert und der Ligand produziert wird. Durch einen anti-Phosphotyrosinkinase Western-Blot konnte gezeigt werden, dass in Anwesenheit des Liganden EGF durch C225 eine dosisabhängige Abnahme des phosphorylierten EGF-Rezeptors auf L3.6pi-Zellen hervorgerufen wurde, während die konstitutive EGF-R-Expression unverändert blieb (Abb. [4]).

Während wir in vitro durch MTT-Assays mit extrem hohen Dosen von C225 nach 72-stündiger Inkubation nur 30 % Zytostase der L3.6pl-Zellen hervorrufen konnten, erhielten wir interessanterweise die folgenden tierexperimentellen In-vivo-Ergebnisse: Beginnend Tag 8 nach orthotoper Injektion von 1 ×, 106 L3.6pl Zellen führte die 2 × wöchentliche intraperitoneale Applikation von 1 mg/Maus C225 zu einer hochsignifikanten Reduktion des medianen Primärtumorvolumens von 538 mm3 auf weniger als 0,5 mm3 am Tag 32 zum Ende des Experimentes. Nach 2 × wöchentlicher Behandlung mit C225 1 mg/Maus + Gemcitabine 125 mg/KG ließ sich makroskopisch kein Pankreastumor mehr nachweisen und nur in 2 von 5 Präparaten ließ sich mikroskopischer Tumorrest nachweisen. 2 × wöchentliche Injektion von Gemcitabine führt im Vergleich lediglich zu einer knapp 60 %igen Reduktion des Primärtumorvolumens. Auch höhere Dosen von Gemcitabine bis zu 500 mg/KG führten nicht mehr zu einer signifikanten Steigerung der Tumorvolumenreduktion. Makroskopisch sichtbare Lebermetastasen waren bei 50 % der Kontrolltiere, 30 % der Gemcitabine-behandelten und 20 % der C225-behandelten Tiere nachweisbar. In der Kombinationsgruppe waren keine Lebermetastasen nachweisbar und nur 1 Tier von 9 Tieren hat regionale Lymphknotenmetastasen.

Hier nun die H&E Färbung der Pankreastumoren bei 40facher Vergrößerung: Während man in der Gemcitabinegruppe noch deutlich große Pankreastumoren sieht, sind die C225 behandelten Tumoren klein und abgekapselt. Der mikroskopische Resttumor nach Kombinationsbehandlung ist hier erkennbar, daneben zum Vergleich eine Langhans-Insel (Abb. [5]). Die immunhistochemische Analyse der Primärtumoren am Ende des Experimentes für PCNA zeigt eine deutliche Abnahme der Tumorzellproliferation nach Färbung für PCNA in der Behandlungsgruppe C225 oder nach Kombinationstherapie, erklärbar durch den zytostatischen Effekt von C225.

Nach TUNEL-Färbung als Marker für apoptotischen Zelluntergang lag allerdings ein ähnlich hoher Anteil an apoptotischen Zellen in den C225-behandelten Tumoren wie in den Gemcitabine behandelten Tumoren vor, da C225 nicht zytotoxisch wirksam ist. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde an einen indirekter Mechanismus gedacht, der für den Tumorzelluntergang verantwortlich ist. Um diesem auf den Grund zu gehen, wurden die Tierexperimente wiederholt und die Tiere nach 11, 18 und 24 Tagen nach Therapiebeginn getötet. Dabei zeigten immunhistochemische Analysen der Primärtumoren bereits 11 Tage nach Therapiebeginn eine nach Quantifizierung signifikante Abnahme der tumorzelleigenen VEGF- und IL-8-Proteinproduktion nach Behandlung mit C225 und Kombinationstherapie im Vergleich zu Gemcitabine behandelten Tumoren und Kontrollen (Abb. [6]). Dieser Effekt konnte in vitro nachvollzogen werden: Im konditionierten Überstand von L3.6pl-Zellen nach 48-stündiger Inkubation mit nichtzytostatischen Dosen von C225 zeigte sich eine signifikante Abnahme der VEGF- und IL-8-Proteinproduktion im ELISA-Assay.

Zurück zum Tierexperiment: Zeitlich versetzt - 18 Tage nach Therapiebeginn - trat eine signifikante Reduktion der Mikrogefäßdichte nach CD31-Färbung in den Tumoren nach Behandlung mit C225 oder Kombinationtherapie auf. Und wiederum zum gleichen Zeitpunkt ließ sich mit einer selbst entwickelten fluoreszierenden Doppelfärbung eine signifikante Zunahme apoptotischer Endothelzellen im Pankreastumor in denselben Behandlungsgruppen nachweisen. Bei 400facher Vergrößerung stellen sich CD31-positive Endothelzellen fluoreszierend rot dar, apoptotische Zellen fluoreszierend grün, und nach Überlagerung beider Farben apoptotische Endothelzellen gelblich, die fast ausschließlich nach Behandlung mit C225 oder Kombinationstherapie auftraten (Abb. [7]).

In Zusammenfassung: Die Inhibition der EGF-Rezeptor-Signaltransduktion führte in unserem Modell einerseits zum Teil zur Proliferationshemmung der Tumorzellen durch Zellzyklusinhibition, andererseits aber - wesentlich entscheidender - zu einem indirekten antiangiogenen Effekt durch Inhibition der tumorzelleigenen Produktion von proangiogenen Faktoren. Das führt zur Apoptose von Tumorendothelzellen mit konsekutiver Abnahme der Mikrogefäßdichte und folglich zur Apoptose von Tumorzellen resultierend in einer signifikanten Reduktion des Primärtumorwachstums und der Lebermetastasierung. In Kombination mit Gemcitabine ergab sich ein additiver bzw. synergistischer Effekt bezogen auf das Primärtumorwachstum und Leber- bzw. Lymphknotenmetastasierung.

Literatur

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Dr. med. C. J. Bruns

Chirurgische Klinik u. Poliklinik Großhadern LMU München<

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81377 München