Psychiatr Prax 2003; 30: 55-56
DOI: 10.1055/s-2003-39776
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Editorial

EditorialHelmfried  E.  Klein1
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität am Bezirksklinikum Regensburg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
04. Juni 2003 (online)

Vom 24. - 26.10.2001 veranstalteten wir nunmehr schon zum dritten Mal den Forschungskongress der Bayerischen Fachkrankenhäuser.

Als wir 1997 mit unserer Veranstaltungsserie begannen, war das Programm mit ca. 30 Beiträgen noch sehr überschaubar.

Beim zweiten Kongress 1999 war es bereits notwendig Parallelveranstaltungen einzurichten, um in der zur Verfügung stehenden Zeit alle aktiven Teilnehmer - es waren insgesamt 68 Beiträge - zu Wort kommen zu lassen.

Die dritte Veranstaltung 2001 umfasste bereits 103 Beiträge in Form von Vorträgen und Postern aus 29 Einrichtungen. Ich freue mich sehr darüber, dass alle größeren klinische Bezirkseinrichtungen auf unserem Forschungskongress vertreten sind.

Die vielfältigen Themen aus dem Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Erwachsenenpsychiatrie und erstmals auch der Neurologie, haben einen gemeinsamen Nenner, nämlich den Praxisbezug der Themen und die Anwendungsorientierung der therapeutischen Verfahren.

Mit der Entwicklung unseres Kongresses können wir alle sehr zufrieden sein, obwohl die Größe der Veranstaltung natürlich kein Selbstzweck ist; große und sehr große medizinische Kongressveranstaltungen gibt es zur Genüge.

Unser Irseeer Forschungskongress hebt sich doch von vielen anderen Veranstaltungen in einem ganz entscheidenden, eben angesprochenem Punkt ab.

Wir fördern mit dieser Veranstaltung anwendungsorientierte und wissenschaftlich begründete Forschung in Psychiatrie und Neurologie.

Wir tun dies aus ganz pragmatischen, auf der Hand liegenden Gründen, nämlich deshalb, um unsere Aufgaben in Diagnostik und Therapie im Bereich unserer Zuständigkeit als Versorgungskrankenhäusern bestmöglichst erfüllen zu können.

Über eine lange medizingeschichtliche Epoche hinweg bestimmten Universitäten und Hochschullehrer quasi ex Cathedra welche jeweilige „Schulmeinung” der richtigen ärztlichen Auffassung in der Diagnostik bzw. dem richtigen ärztlichen Handeln in der Therapie zugrunde zu legen wäre. Der Begriff Schulmedizin hat mittlerweile den Beigeschmack eine autoritär vertretenen, reaktionären Dogmatik. An die Stelle der überkommenen Ideologie der Schulmedizin ist mittlerweile das Konzept der „evidence-based Medicine” getreten, einer Medizin also, deren Grundlage wissenschaftlich begründet ist, und die ihr Selbstverständnis aus der Überzeugungskraft der wissenschaftlichen Beweisführung zieht.

Insbesondere in Zeiten, in denen die Gesundheitsökonomie von so hoher Priorität ist, muss auch das kritische Hinterfragen, das Forschen eben, ob unser Tun in den Ambulanzen und Krankenstationen auch rational begründet und im Sinne unseres Auftrags effizient ist, ganz im Vordergrund stehen.

Beim Umgang mit Begriffen wie Wissenschaft und Forschung begegnet man im üblichen Umfeld von Versorgungskrankenhäusern häufig einem Missverständnis. Vielfach wird Wissenschaft und Forschung als eine für Versorgungskrankenhäuser „betriebsfremde Sportart” missverstanden, eine Aufgabe also, die nur an Universitäten und an Forschungsinstituten betrieben werden könne und solle.

Ich meine, wissenschaftliches Denken und Handeln ist nicht eine universitäre oder bezirkliche Haupt- oder Nebenaufgabe, sondern eine Grundhaltung, die uns vorgibt, wie wir bei der Erkennung und Behandlung Kranker vorzugehen haben.

Kostenträger beziehen sich ganz selbstverständlich auf die wissenschaftliche Fundierung von z. B. bestimmten Therapieverfahren, wenn sie vorgeben, dass nur „wissenschaftlich anerkannte Heilmethoden” von der Solidargemeinschaft finanziert werden dürfen.

Um aber eben zu diesem wissenschaftlich fundierten Grundlagen zu kommen und diese weiter zu entwickeln, müssen wir als versorgende Krankenhäuser unsere diagnostischen und therapeutischen Methoden evaluieren und weiterentwickeln.

Dass Versorgungskrankenhäuser in der Lage sind qualitativ hochwertig und solide zu forschen, beweist dieser Kongress hinreichend.

Versorgungskrankenhäuser können nicht darauf bauen, dass andere, wie z. B. die klassischen Universitäten sich eben den Fragen und Problemen zuwenden, die für die Versorgung von Patienten in Fachkrankenhäusern von besonderer Dringlichkeit sind.

Die offensichtlichsten Beispiele dafür sind die Bereiche Maßregelvollzug, Sucht und illegalen Drogen, chronisch Kranke und andere Schwerpunkte in den Fachkrankenhäusern mehr.

Unser Irseeer Kongress ist bezüglich der Vortragsbeiträge und Poster ein hochkarätiger Kongress, aber was die Finanzierung anbetrifft erfreulicherweise ein „Low Budget Kongress”; das soll auch so bleiben. Die Veranstaltung kommt nur deshalb mit einem vergleichsweise niedrigen Etat über die Runden, weil das Bildungswerk des Verbandes der Bayerischen Bezirke die gesamte Infrastruktur nahezu zum Selbstkostenpreis zur Verfügung stellt.

Trotzdem entstehen noch erhebliche Kosten, die zu decken sind, wie unter anderem die Publikation unserer Beiträge. Wir haben dafür eine großzügige Unterstützung durch die Firma GlaxoSmithKline erhalten.

Dafür möchte ich mich sowohl beim Verband der Bayerischen Bezirke als auch bei der Firma GlaxoSmithKline sehr herzlich bedanken.

Ich schließe mit dem Wunsch, dass sich alle unsere Erwartungen, die sich mit diesem Kongress verbinden, auch erfüllen. In diesem Sinne wünsche ich unserer Veranstaltungsreihe einen erfolgreichen Verlauf.

Helmfried E. Klein

Prof. Dr. med. Helmfried E. Klein

Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität am Bezirksklinikum Regensburg

93042 Regensburg