Zentralbl Chir 2003; 128(4): 329-332
DOI: 10.1055/s-2003-38798-2
Originalarbeiten und Übersichten

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Kommentar auf Anforderung der Schriftleitung

I. Gastinger
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Publication Date:
12 May 2004 (online)

Böhm et. al. versuchen anhand der Ergebnisse von 12 kontrollierten randomisierten Studien nachzuweisen, dass kolorektale Karzinome laparoskopisch reseziert werden sollten. Dieses Unterfangen ist hinsichtlich Fallzahl und Qualität der einzelnen Studien äußerst problematisch. Selbst die Autoren schätzen 5 der Studien als mäßig bis schlecht ein. Die als gut bewertete LACY-Studie ist nach den bekannt gewordenen methodischen Fehlern inzwischen eine Peinlichkeit für den Lancet. In der Tab. [2] wird versucht, signifikante Vorteile für die Laparoskopie zu vermitteln. Wissenschaftlich seriös müsste dies mit einer mathematisch exakten Metaanalyse erfolgen; dafür erscheint aus den oben genannten Gründen das Datenmaterial ungeeignet. Ohne Zweifel wäre zur Evaluierung der laparoskopischen Verfahren eine randomisierte Untersuchung wünschenswert. Jedoch ist die Rekrutierung der Patienten mit erheblichen Problemen verbunden. Ein statistisches Modell möge dies verdeutlichen: So kommen für eine kurative Resektion derzeit Patienten vor allem im Stadium 1 und 2 des kolorektalen Karzinoms infrage. Geht man von einer alterskorrigierten 5-Jahres-Überlebensrate von 90% für das Stadium 1 und 70 % für das Stadium 2 nach kurativer Resektion aus und würde man einen 5 %igen Unterschied noch als äquivalent ansehen, so ergibt sich bei einem -Fehler von 2,5 % (einseitiger Test) und einem -Fehler von 10 % eine zu rekrutierende Patientenzahl im Stadium 1 von 224 Patienten je Arm und im Stadium 2 von 726 Patienten je Arm. D. h., es müssten insgesamt für diese beiden Stadien 1 900 Patienten randomisiert werden. Nach den Daten der multizentrischen prospektiven Beobachtungsstudie zur operativen Behandlung des kolorektalen Karzinoms in über 250 Kliniken liegt der aktuelle Anteil laparoskopischer Resektionen unter 3 %. Damit kann eine adäquate Patientenzahl zur Randomisierung nicht rekrutiert werden bzw. würden bei einer langen Rekrutierungszeit und der üblichen 5-jährigen Nachbeobachtung validierte Ergebnisse erst in ca. 10-15 Jahren vorliegen. Hier muss angemerkt werden, dass diese wichtigen 5-Jahres-Ergebnisse, d.h. exakte stadienabhängige Überlebensraten nach kurativer laparoskopischer Resektion aus der prospektiven Multizenterstudie Laparoskopische kolorektale Chirurgie unter Beteiligung von 33 Kliniken aus dem deutschsprachigen Raum bereits jetzt vorliegen (Köckerling). Allerdings müssen auch diese Daten unter Berücksichtigung der hohen Patientenselektion und dem Einsatz weniger Operateure vorsichtig interpretiert werden. Solange die kolorektale laparoskopische Karzinomchirurgie flächendeckend in einem so geringen Umfang eingesetzt wird, lassen die Ergebnisse weniger Spezialisten keine Rückschlüsse auf die Breitenqualität zu.

Tab. 2 Nachweis von signifikanten Vorteilen in der laparoskopischen Gruppe für jede einzelne Studie aus Tab. 1 1.* 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.* 11. 12.* bessere Lungenfunktion - - nein - ja ja - - - - - - weniger Schmerzen - - ja ja ja ja nein - - - ja - schnellerer Kostaufbau ja nein nein - nein ja nein nein - ja - ja geringere Inflammation - - nein nein - ja ja - nein ja - - bessere Lebensqualität - - - - - ja - - - - ja - geringere Morbidität ja nein nein nein nein nein nein nein nein ja - ja längere Operationszeiten ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja - ja *Dasselbe Patientengut

Prof. Dr. I. Gastinger

Chefarzt der Chirurgischen Klinik · Carl-Thiem-Klinikum

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