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DOI: 10.1055/s-2003-38600
Unfreiwillige Einweisungen nach Betreuungsrecht in acht Jahren verdreifacht
Involuntary Hospitalisations in Accordance with Guardianship Law During Eight Years TripledPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
14. April 2003 (online)
Zusammenfassung
Anliegen: 1992 trat das differenzierte Betreuungsrecht in Kraft. Im Vordergrund sollen Hilfen stehen, damit Eingriffe in die persönliche Freiheit auf ein Mindestmaß zu beschränken sind. In einer überschaubaren und (sozial-)psychiatrisch gut versorgten Region Südniedersachsens soll die Häufigkeit unfreiwilliger Einweisungen nach Betreuungsrecht von 1992 - 2000 untersucht werden. Methodik: Im Einzugsbereich von Landeskrankenhaus und Universitätsklinik Göttingen wurden bei den Vormundschaftsgerichten der Amtsgerichte Erhebungen zu Einweisungszahlen und Betreuungsverfahren vorgenommen, unter Einschluss von Diagnosen, Einweisungsanlass und persönlichen Merkmalen der Patienten. Ergebnisse: Die Zahl neuer Betreuungsverfahren hat sich im Untersuchungszeitraum verdoppelt. Unfreiwillige Einweisungen haben sich mit geringer zeitlicher Verzögerung nach Einführung des neuen Gesetzes insbesondere in den letzten 6 Jahren verdreifacht. Diagnostische und persönliche Merkmale werden dargestellt. Zum Vergleich: Einweisungen nach PsychKG sind zahlenmäßig weit häufiger und haben sich in den letzten 12 Jahren verdoppelt. Schlussfolgerungen: Trotz verbesserter ambulanter und stationärer Behandlungs- und Hilfsmöglichkeiten haben unfreiwillige Einweisungen erheblich zugenommen. Mögliche Ursachen werden diskutiert: Verstärkte Erfassung stationärer Behandlungsbedürftigkeit, verkürzte, aber langfristig nicht erfolgreiche Krankenhausbehandlungen, Verführung und niederschwellige Begünstigung durch liberal klingende Gesetzestexte, deutlicher allgemeiner gesellschaftlicher Trend zu mehr Zwang bei abweichendem Verhalten. Psychiater, Betreuer und Richter unterstützen offenbar gesellschaftskonform diese Entwicklung oder können sie zumindest nicht bremsen.
Abstract
Request: In 1992 the guardianship law came into force. A study about involuntary hospitalisations in accordance with guardianship law between 1992 and 2000 in a small social-psychiatrically well supplied region of Southern Lower Saxony should be made. Methods: This study about hospitalisation and guardianship proceedings was made in the district courts of jurisdiction in the catchment area at the regional and the university hospital in Göttingen, including diagnosis, reason of hospitalisation and personal characteristics of patients. Results: During study period a new guardianship law came into force, involuntary hospitalisations have doubled. Diagnostic and personal characteristics are described. A comparison: Hospitalisation in accordance with Mental Health law are more numerous and doubled during the last twelve years. Conclusions: Despite improved ambulant and in-hospital treatment involuntary hospitalisations considerably increased. Possible reasons are discussed: Better perception of necessity of in-hospital treatment, shorter but long-term unsuccessful in-hospital treatment, temptation because of the wording of the law sounds liberal, social demand of harder sanctions for unnormal behaviour. Psychiatrists, social workers and judges obviously support this social concurring behaviour or they are unable to prevent it.
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Prof. Dr. med. Peter Müller
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
von-Siebold-Straße 5
37075 Göttingen