Psychother Psychosom Med Psychol 2003; 53(2): 43-46
DOI: 10.1055/s-2003-36967
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die neue Approbationsordnung: Eine Chance für die psychosozialen Fächer

The New Medical Curriculum: A Chance for the Psychosocial DisciplinesBernhard  Strauß1 , Volker  Köllner2
  • 1Institut für Medizinische Psychologie, Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • 2Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinikum der TU Dresden
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
28. Januar 2003 (online)

Fakultäten, die sich seit vielen Jahren mit Reformen des Studiums der Humanmedizin befassen, sind heute in einer guten Position. Etwas überraschend - wenn man sich die schier endlose Vorgeschichte der Debatte um die Schwächen des Medizinstudiums in der BRD vor Augen hält - hat der Bundesrat am 26. April 2002 eine neue Approbationsordnung (ÄAppO) für Ärzte verabschiedet (vgl. [1]), die für den ersten (vormals vorklinischen) Abschnitt des Medizinstudiums bereits im Wintersemester 2003/2004 wirksam werden wird, für den zweiten (vormals klinischen) Abschnitt gemäß der Übergangsbestimmung bereits im Sommersemester 2004 wirksam werden kann, und die einige grundlegende Reformen des Studiums vorsieht.

Die große Mehrheit der Fakultäten, die sich mehr oder weniger an dem seit langem gültigen Beispielstundenplan der ZVS orientierte, wird es nicht leicht haben, die Zielsetzungen und Vorgaben der neuen ÄAppO umzusetzen, zumal die neuen Studien- und Prüfungsordnungen in wenigen Monaten verabschiedet sein müssen.

Vielen mag die neue Verordnung nicht weit genug gehen; dennoch sind in der Neufassung der ÄAppO einschneidende Veränderungen vorgesehen, von denen nachfolgend nur einige Eckpunkte genannt werden sollen:

Förderung des fächerübergreifenden und problemorientierten Unterrichts (welche sich beispielsweise im ersten Abschnitt durch die Hinzunahme integrierter Veranstaltungen sowie von Seminaren mit klinischem Bezug niederschlägt, die allesamt scheinpflichtig sein sollen), Einführung von 12 Querschnittsbereichen (vgl. Tab. 1), Ausweitung praktischer Unterrichtsveranstaltungen (speziell im zweiten, „klinischen” Abschnitt ist vermehrt Unterricht am Krankenbett in Dreiergruppen vorgeschrieben, die Gruppengrößen für den praktischen Unterricht mit Patientendemonstrationen wurden auf maximal 6 festgelegt), Einführung von Wahlfächern (in beiden Abschnitten des Studiums), Verpflichtung zur Evaluation der Lehre (und zur Bekanntgabe der Evaluationsergebnisse), Wegfall zweier staatlicher Prüfungen, stattdessen Verpflichtung der Fakultäten zur Durchführung von (möglichst mündlich-praktischen und teilweise fächerübergreifenden) Prüfungen in allen 22 Fächern des 2. Abschnitts und in allen 12 Querschnittsbereichen, Stärkung einer psychosozialen Perspektive durch Aufnahme eines Seminars der Medizinischen Psychologie und Medizinischen Soziologie in die nachzuweisenden Unterrichtsveranstaltungen des ersten Abschnittes, Stärkung des Faches Allgemeinmedizin durch Aufnahme eines Pflichtblockpraktikums, Ausweitung der Möglichkeiten zur Ableistung des Praktischen Jahres z. B. in Praxen und teilstationären Einrichtungen (verbunden mit der Absichtserklärung, den „Arzt im Praktikum” baldmöglichst abzuschaffen).

Tab. 1 In der Approbationsordnung vorgeschriebene Querschnittsbereiche, für die Leistungsnachweise zu erbringen sind Epidemiologie, medizinische Biometrie und medizinische Informatik Geschichte, Theorie, Ethik der Medizin Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem, öffentliche Gesundheitspflege Infektiologie, Immunologie klinisch-pathologische Konferenz klinische Umweltmedizin Medizin des Alterns und des alten Menschen Notfallmedizin klinische Pharmakologie/Pharmakotherapie Prävention, Gesundheitsförderung bildgebende Verfahren, Strahlenbehandlung, Strahlenschutz Rehabilitation, Physikalische Medizin, Naturheilverfahren

Literatur

  • 1 Brähler E, Strauß B. Was lange währt, wird endlich gut?.  Psychother Psych Med. 2002;  52 331
  • 2 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002. Bonn; 3. Juli 2002 Teil I Nr. 44: 2405-2435
  • 3 Schüffel W, Pauli H G. Die Ausbildung zum Arzt. In: Adler RH, Herrmann JM, Köhle K, Schonecke OW, von Uexküll T, Wesiack W (Hrsg) Psychosomatische Medizin. München; Urban & Schwarzenberg 1996 5. Aufl.: 73-92
  • 4 von Uexküll T, Wesiack W. Theorie der Humanmedizin. Grundlagen ärztlichen Denkens und Handeln. München; Urban & Schwarzenberg 1988
  • 5 Putz R. Konsequenzen für die Hochschuldidaktik aus der neuen ÄAppO. In: Protokoll des außerordentlichen Medizinischen Fakultätentags. Mainz; 24.10.2002

Prof. Dr. phil. Bernhard Strauß

Institut für Medizinische Psychologie, Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität

Stoystraße 3

07740 Jena

eMail: bernhard.strauss@med.uni-jena.de