Balint Journal 2002; 3(3): 65-71
DOI: 10.1055/s-2002-33780
Original
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Identifikation und Gegenübertragung - zum Rollen-(miss)-verständnis in der Kind/Arzt-Beziehung1

V. Herlitz1
  • 1Klinikum Nürnberg, Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie
1 Vortrag Balint-Tagung Würzburg 30. 11. 2001
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Publication Date:
03 September 2002 (online)

Zusammenfassung

Der Mechanismus der Identifizierung hat bislang in der Psychoanalyse nicht genügend Beachtung gefunden. Insbesondere in der Therapie mit Kindern und Jugendlichen gehören Identifizierungen aber zum Alltag, da sie diese auch normalerweise von Jugendlichen im Rahmen der Entwicklungsarbeit gebrauchen. Der Therapeut muss sich darüber im Klaren sein, welche Anteile er selbst dem Kind oder Jugendlichen, bewusst oder unbewusst, anbietet.

Es findet aber auch Identifizierung des Therapeuten mit Anteilen des Kindes oder Jugendlichen statt. Diese werden vom Therapeuten oft verleugnet, nicht wahrgenommen oder erst in ihrer Auswirkung als Gegenübertragung wahrgenommen und dann falsch interpretiert. Rollenmissverständnisse sind dann unvermeidlich.

Der Therapeut jedoch hat die Chance, die Analyse der Identifizierungen diagnostisch und therapeutisch zu nutzen, wenn er sich auf die Spontaneität und Impulsivität der Kinder und Jugendlichen einlässt und damit verbundene Kränkungen aushalten kann.

Abstract

The mechanism of identification did not have enough notice in psychoanalysis till now. Especially when treating children and adolescents self-identification is a normal daily routine, because they need it their growth in development. The must realize which parts of himself he offers them in therapy whether conscience or unconscience.

But also the therapist identifies with parts of the child or adolescent. This the therapist often doesn’t realize or maybe recognizes only as an effect of counter-transference and then his interpretation is wrong. Therefore a misunderstanding is inavoidable.

Although the therapist has the opportunity to use the analysis of identifications diagnostically and therapeutically, if he associates with the spontaneity and impulsiveness of the children and adolescents and he will be able to endure their insulting behaviour.

Literatur

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1 Vortrag Balint-Tagung Würzburg 30. 11. 2001

Dr. Viktor Herlitz

Prof.-Ernst-Nathan-Str. 6

90419 Nürnberg

Email: Viktor-herlitz@t-online.de

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