Zentralbl Chir 2002; 127(6): 553
DOI: 10.1055/s-2002-32622-2
Kommentar

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Kommentar auf Anforderung der Schriftleitung

Invited commentaryTh. Junginger
  • Klinik und Poliklinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
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Publication Date:
11 May 2004 (online)

Der Autor befasst sich mit der Frage der Lymphadenektomie beim Magenkarzinom, wobei die erweiterte Lymphknotendissektion (nach der Notwendigkeit D2-Dissektion) gemeint ist und kommt zum Schluss, dass der D2-Dissektion im Falle einer R0-Resektion der Vorzug zu geben ist, wobei allerdings nur eine Subgruppe der Patienten (begrenzter, kein nodaler Befall) von dieser Form der Lymphknotendissektion profitiert.

Die Besonderheit dieser Empfehlung liegt in ihrer BegrÏndung. Das Sammeln von Daten und deren Analyse führen in der klinischen Forschung zu Hypothesen, die durch prospektiv randomisierte Studien verifiziert oder falsifiziert werden müssen. Da bei retrospektiver Analyse eher positive Ergebnisse publiziert werden und dem entsprechend auch eine Metaanalyse eher für als gegen eine Hypothese spricht, kommt der gut konzipierten prospektiven Studie höchste Aussagekraft zu. Dies ist ein Grundprinzip der sog. Evidence based medicine. Randomisierte Studien zum operativen Vorgehen sind selten. Umso beachtlicher sind die beiden multizentrischen, randomisierten Studien aus England und den Niederlanden, die die erweiterte Lymphknotendissektion beim Magenkarzinom untersucht haben und übereinstimmend zu dem Schluss kommen, dass die erweiterte D2-Lymphknotendissektion nach japanischem Vorbild, multizentrisch durchgeführt, die Morbidität und Letalität erhöht und keine Prognoseverbesserung erbringt.

Wenn der Autor dennoch der D2-Dissektion den Vorzug gibt, ist dies eine Empfehlung gegen den vorliegenden wissenschaftlichen Beweis. Die Aussage der beiden Studien ist eindeutig: Ein Muss für die D2-Dissektion beim Magenkarzinom gibt es nicht.

Die Begründung des Autors für die D2-Dissektion fußt auf einer Hypothese, die besagt, dass sich bei Modifikation der D2-Dissektion und Verzicht auf eine Splenektomie und Pankreaslinksresektion Morbidität und Letalität nicht erhöhen und eine Prognoseverbesserung bei bestimmten Tumorstadien erzielt werden kann. Konsequenterweise kann die Forderung nicht lauten, als Regeleingriff für das Magenkarzinom eine D2-Dissektion durchzuführen, sondern eine prospektiv randomisierte Studie zu beginnen, die die Hypothese überprüft. In letzter Konsequenz sollte eine D2-Dissektion beim Magenkarzinom nur innerhalb einer solchen Studie durchgeführt werden.

Diese zu beginnen, sollte im Bestreben aller liegen. Sie würde die klinische Forschung in Deutschland wieder zu klinisch relevanten Fragestellungen führen, der Beliebigkeit der Therapie ein Ende setzen und langfristig zur Klärung der Frage nach der optimalen Therapie bei Magenkarzinom beitragen.

Prof. Dr. Th. Junginger

Direktor der Klinik u. Poliklinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie

ohannes-Gutenberg-Universität Mainz

Langenbeckstraße 1

55131 Mainz

Phone: 0 61 31/17 72 91

Fax: 0 61 31/17 66 30

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