Balint Journal 2002; 3(2): 34-38
DOI: 10.1055/s-2002-32386
Medizin und Kultur
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Erlösung als Prozess

Redemption as processThomas Auchter1
  • 1Aachen
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Publication Date:
20 June 2002 (online)

Zusammenfassung

Der ursprünglich aus dem religiösen Diskurs stammende Begriff Erlösung steht in der Gefahr eines idealisierenden Gebrauchs unter Verleugnung der Grenzen von Realität. Menschliche Existenz ist geprägt durch die dialektische Widersprüchlichkeit zwischen Dauer und Augenblick, Spannung und Lösung, Freiheit und Bindung. Erlösung vom eigenen Bösen wird häufig durch eine Projektion auf den bösen Fremden gesucht. Erlösung im Leben ist nur als ein unaufhörlicher aktiver Prozess vorstellbar, welcher die Realität weder durch Kleinheitswahn noch durch Größenwahn ignoriert.

Abstract

Originally deriving from the religious discourse the term redemption is exposed to danger of idealising use while denying the boundaries of reality. Human existence is determined of dialectical contradiction between duration and moment, tension and solution, freedom and bond. Redemption of one owns evil often is looked through projection on the evil stranger. Redemption while living is only conceivable as an incessant active process, not denying reality neither by delusion of smallness nor by delusion of megalomania.

Literatur

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Dipl. Psych. Thomas Auchter

Psychoanalytiker

Lütticher Str. 281

52074 Aachen