Zentralbl Chir 2002; 127(4): 288-289
DOI: 10.1055/s-2002-31562-2
Kommentar
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kommentar auf Anforderung der Schriftleitung

Invited CommentaryL. Nowak, I. Gastinger
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
29. April 2004 (online)

In der vorliegenden Studie wird von Hüttl et al. zur Entwicklung des Managements der Choledocholithiasis der bekannte Trend zu einem zweizeitigen Vorgehen (therapeutisches Splitting) anhand von Umfrageergebnissen der Jahre 1991 bis 1998 dargestellt. Gleichzeitig wird ein geringeres Risiko fÏr die Patienten bei der endoskopischen Sanierung der Choledochussteine im Vergleich zur offenen Revision postuliert. Dieser Feststellung ist nicht zu widersprechen. Allerdings wird mit dem Hinweis der Autoren, dass 20 % der Universitätskliniken die offene Choledochusrevision überhaupt nicht mehr durchführen der Eindruck erweckt, dass dieses Operationsverfahren nicht mehr vorgehalten und erlernt werden muss. Hierzu sind u. E. einige Anmerkungen notwendig.

Zum einen sollte die endoskopische Methode bei schwieriger anatomischer Situation (z. B. nach Magenresektionen) nicht überfordert werden. In diesen Fällen muss die offene Choledochusrevision als alternatives Verfahren zur Verfügung stehen. Zum anderen soll auch auf die nicht zu vernachlässigende Morbidität und Mortalität nach endoskopischer Gangsanierung verwiesen werden. Dabei stehen zwar die nicht operations- und intensivtherapiepflichtigen Minorkomplikationen im Vordergrund. Die wenigen Majorkomplikationen sind aber durchweg mit einer hohen Mortalität belastet. Hinsichtlich dieser Aussage wurde das Krankengut der Chirurgischen Klinik am Carl-Thiem-Klinikum Cottbus zu Komplikationen nach ERCP/EPT im Zeitraum 1997 bis 2000 analysiert. Bei 637 in der Abteilung für Chirurgische Endoskopie durchgeführten ERCP traten als Minorkomplikationen in 23 Fällen (3,6 %) eine ödematöse Pankreatitis und in 3 Fällen (0,47 %) eine endoskopisch beherrschbare Papillenblutung auf. Bei 76 % der Pankreatitiden war eine therapeutische ERCP vorausgegangen. Bei allen Patienten konnten unter alleiniger konservativer Therapie die Minorkomplikationen beherrscht werden. Majorkomplikationen wurden bei 4 Patienten (0,63 %) nach endoskopischer Therapie von Choledochussteinen beobachtet. Neben einem im D. choledochus verhakten und abgerissenen Dormia-Körbchen fanden sich 3 Perforationen im biliopankreatischen Bereich. Diese Majorkomplikationen waren operationspflichtig und zeigten schwere Verläufe auf der ITS. In der Gastroenterologischen Abteilung der Medizinischen Klinik wurden im gleichen Zeitraum bei 1 388 ERCP/EPT drei Majorkomplikationen (0,22 %) registriert und durch die Chirurgische Klinik mitbehandelt. Neben einer hämorrhagisch nekrotisierenden Pankreatitis fanden sich eine schwere, endoskopisch nicht beherrschbare Papillenblutung und eine Duodenalperforation. Zwei dieser Patienten verstarben an den Komplikationsfolgen.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass diese mit anderen Autoren vergleichbaren Komplikationsraten nach endoskopischer Diagnostik und Therapie bei dem Management der Choledocholithiasis Berücksichtigung finden müssen. Vor allem muss vor einer Überforderung der endoskopischen Methode gewarnt werden. Die offene Choledochusrevision muss als Alternativverfahren bei Einzelfällen zur VerfÏgung stehen. Als Alternative zur diagnostischen ERCP bietet sich zunehmend die MR-Cholangiografie als nichtinvasive komplikationsarme Methode an. Die ausgewogenste Indikationsstellung ist von dem Chirurgen zu erwarten, der sowohl die endoskopische Verfahren als auch die offene Choledochusrevision beherrscht.

Prof. Dr. I. Gastinger

Chirurgische Klinik

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