Laryngorhinootologie 2002; 81(5): 367
DOI: 10.1055/s-2002-28338
Aktuelle Habilitation
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Radikal-induzierte Zellschädigung und antioxidatives Glutathion-Abwehrsystem der Cochlea

Radical-Induced Cellular Injury and the Antioxidative Glutathion Defence System of the CochleaJ.  Lautermann1
  • 1HNO-Klinik der Universität Essen, Essen
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Publication Date:
08 May 2002 (online)

Das Tripeptid Glutathion ist die Hauptkomponente eines antioxidativen Abwehrsystems, welches die Zelle gegen toxische Effekte reaktiven Sauerstoffs schützt. Reaktiver Sauerstoff wird im Innenohr unter anderem bei einer Zellschädigung durch Lärm oder durch ototoxische Medikamente gebildet. Glutathion wirkt als Radikalfänger, verhindert die Oxidation von Proteinen und entgiftet eine Reihe exogener und endogener Substanzen.

In der vorgelegten Habilitationsschrift wurde das Glutathionabwehrsystem des Innenohres und seine Rolle bei radikalinduzierter Innenohrschädigung untersucht. Zu diesem Zweck wurde zunächst der Einfluss von Wasserstoffperoxid und Antioxidantien in einer Kurzzeit-Gewebekultur des unfixierten cochleären neurosensorischen Epithels überprüft. Wasserstoffperoxid, welches reaktiven Sauerstoff erzeugt, führte dabei zu einer ähnlichen Gewebeschädigung wie Ototoxika, und diese Schädigung ließ sich durch Glutathion abschwächen. Die protektive Wirkung des Glutathions legt eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung der Zellvitalität bei radikalinduzierter Schädigung nahe. In vivo wurde der Einfluss ototoxischer Medikamente, von Lärm und Alterung auf Glutathionkonzentrationen des Innenohres untersucht. Wie in anderen Geweben ändert sich in vivo das Glutathion-abhängige antioxidative Abwehrsystem auch im Innenohr von Säugetieren unter pathophysiologischen Bedingungen. Eine Verringerung zellulären Glutathions fanden sich im Alter sowie nach Cisplatin-Applikation.

Verschiedene Glutathionkonzentrationen im Innenohr haben jedoch auch einen Einfluss auf die Toxizität radikalbildender Pharmaka. So wird Gentamicin-Ototoxizität von einem Gleichgewicht zwischen der Bildung freier Radikale und deren Entgiftung beeinflusst. Diese Entgiftung hängt von Gewebe-Glutathion-Konzentrationen ab, welche bei metabolisch kompromittierten Tieren erniedrigt sind. Bei diesen Tieren kann Glutathion diätetisch erhöht und Ototoxizität abgeschwächt werden. Auf der anderen Seite profitiert ein gesundes Tier nicht von zusätzlichem Glutathion, weil eine weitere Erhöhung der Gewebe-Glutathion-Konzentrationen durch homöostatische Kontrollmechanismen verhindert wird.

Ein schlechter Ernährungszustand stellt auch einen Risikofaktor für Cisplatin-Ototoxizität dar. Somit kann eine Erniedrigung cochleären Glutathions aufgrund einer Proteinmangeldiät medikamentös bedingte Ototoxizität erhöhen. Meerschweinchen auf einer Mangeldiät könnten dabei den reduzierten Ernährungszustand eines kranken Patienten widerspiegeln, welcher mit Chemotherapeutika behandelt wird. Dies unterstreicht die Bedeutung einer antioxidantienreichen Ernährung bei Patienten, welche mit ototoxischen Substanzen behandelt werden.

PD Dr. med. J. Lautermann

HNO-Klinik der Universität Essen

Hufelandstraße 55 · 45122 Essen

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