RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-2002-19968
Ist die laserinduzierte Thermotherapie (LITT) bei Tumorerkrankungen angezeigt?
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
07. Februar 2002 (online)
Frage: Für welche Tumorerkrankungen mit Lebermetastasierung ist die MRI-geführte interventionelle laserinduzierte Thermotherapie (LITT) heute im Sinne einer Evidence-based Medicine indiziert, und liegen diesbezüglich Ergebnisse für eine Prognose- und Lebensqualitätverbesserung vor?
Antwort: Tumorgewebe kann durch eine interstitielle Hyperthermie alleine zerstört werden. Gewebstemperaturen von 60-100 ˚C bewirken eine sofortige Koagulationsnekrose und damit die definitive Zerstörung [3]. Tumorzellen in weniger stark erwärmten Regionen (45-60 ˚C) werden subletal geschädigt; sie gehen oft später nach erfolglosem Reparaturversuch unter. Bis auf 43 ˚C erwärmte Tumorzellen überleben in der Regel die Erwärmung [5].
Nach Punktion unter digitaler, Ultraschall- oder MRI-Kontrolle wird durch eine Teflon- oder Metallkanüle eine lichtleitende Fiberglasoptik in den Tumor eingeführt und mit niedrigen Leistungen von 3-7,5 W bestrahlt. Der Durchmesser der Koagulationszone lässt sich über die Bestrahlungsdauer pro Gewebeareal steuern [3]. Mit diesem Verfahren wurden bisher mehr als 500 Patienten behandelt. Die Therapie war bisher gut verträglich und bis auf subkapsuläre Hämatome, nicht therapiebedürftige Pleuraergüsse und einer bisher bekannten Dünndarmläsion traten keine ernsten Komplikationen auf.
Mit dieser Technik können prinzipiell Lebermetastasen bei kolorektalen Karzinomen und Mammakarzinomen [4], Lungenmetastasen [3] , maligne Gliome [1], Kopf- und Halstumoren [2] und Lokalrezidive von Mammakarzinomen [3] oder malignen Melanomen [3] zerstört werden. Damit ist diese Methode bei älteren, nichtoperablen Tumorpatienten und schwer zugänglichen Tumoren, bzw. zur Vermeidung von verstümmelnden Eingriffen eine Therapieoption. Eine komplette Entfernung aller Tumorzellen ist im Vergleich zur vollständigen (Ro) Resektion sicher seltener zu erreichen, sodass die chirurgische Resektion nach wie vor die Methode der ersten Wahl ist, wenn sie möglich ist [6].
Als Therapieverfahren zur lokalen Tumordestruktion mit kurativem Ziel wird die interstitielle Laserkoagulation vor allem bei Tumorerkrankungen mit Lebermetastasierung erprobt. Frühergebnisse lassen eine Evaluierung dieser Technik innerhalb von Studien sinnvoll erscheinen [4] . Erste, wichtige Zusammenhänge sind erarbeitet worden:
die Methode kann bei entsprechender Erfahrung und technischer Ausstattung sicher angewendet werden 3 4, es können mit der üblichen Technik thermische Koagulationsnekrosen des Tumorgewebes mit einem Durchmesser von bis zu 40 mm erzielt werden 4, es sollten nur Patienten mit weniger als 5 Metastasen behandelt werden, die lokale Tumorkontrolle hängt vom Durchmesser der Läsion ab (bis 20 mm Metastasendurchmesser: in 66 % lokale Tumorkontrolle 6 Monate nach dem Eingriff; > 20 mm: in 35 % lokale Tumorkontrolle 6 Monate nach dem Eingriff) 4.
Angaben aus randomisierten Studien zur Prognose- und Lebensqualitätsverbesserung nach der laserinduzierten Thermotherapie im Vergleich zur chirurgischen Resektion oder zur Kryotherapie liegen nicht vor. Eine verlässliche Einordnung des Verfahrens im Sinne einer Orientierungshilfe, eines Therapiestandards kann es aufgrund der bisher nicht ausreichend erarbeiteten wissenschaftlichen Evidenz nicht geben. Unter Anerkennung der Prinzipien von evidence based medicine kann derzeit keine Indikation im Sinne der vertragsärztlichen Versorgung vorliegen. Die vertragsärztliche Versorgung muss schwer kranken Krebspatienten, aber auch rechtzeitig laufenden Fortschritt in der Krebsbehandlung garantieren [6]. In diesem Sinne sind bei fehlender Alternative individuelle Therapieversuche im Einzelfall sicher vertretbar.
Zweifellos ist die laserinduzierte Thermotherapie eine derzeit experimentelle Methode, die in der Hand von erfahrenen und technisch gut ausgerüsteten Spezialisten Tumorzellen zerstören kann und vermutlich mehr nützt als schadet. Sie ist derzeit eine Alternative, wenn nicht ausreichend chirurgisch reseziert werden kann.
Literatur
- 1 Bettag M, Ulrich F, Schober R, Furst G, Langen K J, Sabel M, Kiwit I C. Stereotactic laser therapy in cerebral gliomas. Acta Neurochir. 1991; 52 81-83 (Suppl)
- 2 Bockmühl U, Knobber D, Vogl T, Mack M. Use of MR-controlled laser-induced thermotherapy in recurrent squamous epithelial carcinoma of the head-neck area. Laryngorhinootologie. 1996; 10 597-601
- 3 Fuchs B, Philipp C, Berlien H -P. Laser procedures for tumour ablation and destruction. Min Invas Ther & Allied Technol. 1998; 6 489-494
- 4 Vogl T J, Müller P, Hirsch H, Philipp C, Hammerstingl R, Böttcher H, Riess H, Beuthin J, Felix R. Laser-induced thermotherapy of liver metastases with MRI control: Prospective results of an optimized therapy procedure. Radiologe. 1995; 35 188-199
- 5 Wiedemann G J, Schem B C, Dahl O, Mella O, Wagner T. Hyperthermie. Grundlagen und Stellenwert einer neuen Therapiemodalität in der Onkologie. Dtsch med Wochenschr. 1988; 113 787-790
-
6 Kurzgefasste interdisziplinäre
Leitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft 2000 B10: 182ff
Prof. Dr. med. G. J. Wiedemann
Klinik für Innere Medizin, Oberschwabenklinik
88212 Ravensburg
Prof. Dr. med. Th. Feyerabend
Klinik für Strahlentherapie und Nuklearmedizin, Universitätsklinik
Lübeck
23538 Lübeck