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DOI: 10.1055/s-2002-19902
Bescheinigung der Tauglichkeit bei Sporttauchern
Publication History
Publication Date:
31 January 2002 (online)
Frage: Welche technischen Untersuchungen sind neben eingehender Anamneseerhebung und körperlicher Untersuchung notwendig, um eine Tauglichkeit für Sporttauchen bescheinigen zu können (Erstuntersuchung/Folgeuntersuchung nach 2 Jahren).
Antwort: Als erstes gilt es, zwischen den verschiedenen Taucharten zu differenzieren (Schnorchelschwimmer respektive Apnoetaucher, Gerätetaucher). Da Sporttaucher im Allgemeinen Andere nicht gefährden, kann eine Tauchtauglichkeitsuntersuchung nur empfohlen, nicht aber gesetzlich erzwungen werden, wie dies für das Berufs- und Militärtauchen geschieht.
Erste Voraussetzung für eine vernünftige Tauchtauglichkeitsabklärung ist eine Anamnese, welche durch einen Arzt zu erheben ist, der tauchmedizinische und tauchtechnische Kenntnisse hat.
In Deutschland wird im Allgemeinen eine Gesamtuntersuchung durchgeführt, welche insbesondere unauffällige pneumologische und kardiologische sowie HNO-Befunde fordert. Die Patienten sollten keine Krankheit haben, welche den Gasaustausch zwischen den lufthaltigen Körperhöhlen behindern, was in vivo am einfachsten durch ein Abtauchen auf 10 m überprüft werden kann und durch den Ausschluss ob-struktiver Lungenerkrankungen geschieht. Hierzu ist eine Darstellung der maximalen inspiratorischen und exspiratorischen Flussvolumen-, im Minimalfall Volumen-Zeit-Kurven zu fordern. Das Röntgenbild, das obstruktive Atemwegserkrankungen und insbesondere Asthma nicht oder nur schlecht erkennen lässt, ist in diesem Zusammenhang meist zweitrangig. Für die Emphysem-Frühdiagnose kann die CO-Diffusionskapazitätsmessung Hinweise geben und insbesondere differenzialdiagnostisch zum Asthma klärend wirken.
Das Ruhe- und Belastungs-EKG sollte gefährliche Herzrhythmus- und Koronardurchblutungsstörungen erkennen lassen.
Ein Ohrenspiegel ist die Minimalanforderung, um Druckausgleichprobleme zu überprüfen und den äußeren Gehörgang zu inspizieren. Nasennebenhöhlen und Stirnhöhle sollten vor allem bei Infektions- oder Allergieverdacht röntgenologsich überprüft werden. Selbstverständlich können akut aufgetretene Infektionen oder Allergien (Heuschnupfen, Asthma etc.) die Tauchtauglichkeit kurzfristig verändern. In diesen Fällen muss die Tauchtauglichkeitsuntersuchung aktualisiert werden. Von regelmäßigen Tauchtauglichkeitsfolgeuntersuchungen in 2-Jahres-Abständen halte ich daher wenig. Die persönliche tauchmedizinische Anamnese sagt meist mehr über das Risiko des Tauchers aus als abstrakte Tests, wie z. B. Asthmaprovokationsteste, welche auf ein erhöhtes Tauchrisiko hinweisen. So kenne ich viele Taucher, die Asthma haben und lebenslang ohne Komplikationen getaucht sind, auch wenn ein Asthmaanfall oder Heuschnupfen die Tauchtauglichkeit akut reduziert oder das Tauchen unmöglich macht. Eine gute medikamentöse prophylaktische Asthmatherapie mit inhalativen Steroiden und langwirkenden β2- Sympathikomimetika (z.B. Symbicort®) ist an normalen Lungenfunktionswerten zu erkennen. Der tauchgerechte Umgang mit körperlichen Gebrechen, welche zum Tauchen nicht disponieren, ist wichtiger als das Handicap selbst. Unvernünftige Taucher bringen sich auch ohne gesundheitliche Defizite in Gefahr. Dies kann leider auch mit der besten tauchmedizinischen Vorsorgeuntersuchung nur schlecht erfasst werden.
Literatur
- 1 Bühlmann A -A. Tauchen und Asthma. Caisson. 1988; 3/2 28-30
- 2 Ehm O F. Tauglichkeitsuntersuchungen bei Tauchern. Springer 1995
- 3 Ehm O F. Tauchen noch sicherer. Müller Rüschlikon 1996
- 4 Matthys H. Medizinische Tauchfibel. 3. Auflage. Springer-Verlag 1983
- 5 Taucher im Rettungsdienst. Lehrbuch Wasserwacht des Bayerischen Roten Kreuzes, München 1987
- 6 Tauchmedizin 1. Hrsg. Gerstenbrand/Lorenzoni/Seemann. Schlütersche Verlagsanstalt und Druckerei 1980
- 7 Tauchmedizin 2. Hrsg. Gerstenbrand/Lorenzoni/Seemann. Schlütersche Verlagsanstalt und Druckerei 1983
- 8 Klinische Pneumologie. , 3. Auflage Hrsg. Matthys, Seeger. Springer-Verlag 2001
Prof. Dr. med. H. Matthys
Ärztlicher Direktor, Abteilung Pneumologie, Universitätsklinikum
Freiburg
Hugstetter Straße 55
79106 Freiburg