Krankenhauspsychiatrie 2001; 12(4): 137
DOI: 10.1055/s-2001-19456
EDITORIAL

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Editorial

Editorial
Further Information

Publication History

Publication Date:
09 January 2002 (online)

Im vorliegenden Heft findet sich ein neues Genre von Beiträgen: Die knappe und pointierte, nicht zwingend wissenschaftlich fundierte Meinungsäußerung. Brauchen wir so etwas im Zeitalter der Evidence-Based-Medicine? Wir meinen: ja! Fachzeitschriften bestehen typischerweise überwiegend aus Originalarbeiten, in denen man keinen Sachverhalt ohne wissenschaftlichen Beleg behaupten kann. Für eine wissenschaftliche Karriere braucht man solche Originalarbeiten. Das führt dazu, dass wir überwiegend empirische Befunde über Dinge zu lesen bekommen, die sich für eine empirische Beforschung eignen. Nicht oder nur höchst versteckt bekommen wir zu lesen: Meinungen, Einsprüche, Wünsche, Ärger usw. Das ist bedauerlich und führt zu Langeweile. Dezidierte Meinungsäußerungen, über die sich streiten lässt, sind unentbehrlich in der Fortentwicklung eines klinischen Fachs wie auch eines Forschungsgebiets. Die englischsprachigen Zeitschriften, zumindest die großen, haben diesbezüglich eine gute Kultur entwickelt: Der Platz für Meinungsäußerungen ist das Editorial, das dort nicht etwa dazu dient, die Beiträge des vorliegenden Hefts zu paraphrasieren, sondern tatsächlich profilierte Meinungen zu bestimmten Problemgebieten zu äußern oder Kommentare abzugeben. Das Ganze wird ergänzt durch eine lebhafte Kultur von „Letters to the editor”. Ein Beispiel einer solchen Meinungsäußerung war unser Editorial des vergangenen Heftes von Günter Hole zum Thema der „Herzlichkeit”. Ihm verdanken wir auch zahlreiche Beiträge, die in den folgenden Heften vorgestellt werden. Zum 60. Geburtstag von Volker Faust, dem Herausgeber dieser Zeitschrift, sammelte er zahlreiche Beiträge von profilierten Kollegen und Kolleginnen mit der Vorgabe „Schreiben Sie, worüber Sie wollen, aber nicht mehr als ein bis zwei Seiten!” Was dabei zusammen kam, ist bemerkenswert und lesenswert. Die Möglichkeit zu derartigen erfrischenden Beiträgen soll aber nicht einem ausgesuchten Kreis von Fachkollegen/-kolleginnen vorbehalten bleiben. Weitere Beiträge dieses Stils und Umfangs sind erwünscht.Tilman Steinert, Weissenau