Krankenhauspsychiatrie 2001; 12(S1): S50-S56
DOI: 10.1055/s-2001-17668
ORIGINALARBEIT

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Prozess- und Ergebnisqualität in der stationären Behandlung ersterkrankter und chronisch depressiver Patienten

Process and Outcome Quality in Inpatient Treatment of Patients with First Episode and Chronic DepressionF. Keller1 , M. Härter2 , R. Metzger3 , W. Wiegand4 , G. Schell5
  • 1 Zentrum für Psychiatrie Die Weissenau, Abt. Psychiatrie I der Universität Ulm
  • 2 Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik Freiburg
  • 3 Zentrum für Psychiatrie Bad Schussenried
  • 4 Münsterklinik Zwiefalten
  • 5 Furtbach-Krankenhaus Stuttgart
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
05. Oktober 2001 (online)

Zusammenfassung

Qualitätssicherungsmaßnahmen zeichnen sich im Bereich der Psychiatrie durch eine Reihe von Besonderheiten aus, und zwar sowohl im Hinblick auf die Struktur-, Prozess- als auch Ergebnisqualität. In den Jahren 1998 bis 2000 wurde eine Studie speziell zur stationären Behandlung depressiver Patienten durchgeführt, an der sich die meisten psychiatrischen Kliniken in Baden-Württemberg beteiligten. Eine anonymisierte und zentrale Auswertung erfolgte durch die Landesärztekammer Baden-Württemberg. Im vorliegenden Beitrag wird anhand dieser Studiendaten der Frage nachgegangen, wie Patienten mit chronischen Depressionen (n=725) im Vergleich zu Patienten mit einer ersten depressiven Episode (n=599) in der stationären psychiatrischen Versorgung behandelt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die beiden Gruppen in der Schwere der Symptomatik bei Aufnahme nicht unterscheiden. Auch bestehen keine substanziellen Unterschiede bei den durchgeführten psychopharmakologischen und psychotherapeutischen Behandlungsmaßnahmen. Die stationäre Verweildauer der chronisch Depressiven ist geringfügig länger. Die Behandlungsergebnisse sind bei den chronisch depressiven Patienten etwas schlechter, wenn auch trotz der vorbestehenden chronischen Depression die Besserungsrate immer noch gut ist. Die globale Zufriedenheit der Patienten ist insgesamt sehr hoch, während der Nutzen einzelner Therapieformen differenzierter beurteilt wird, wobei jeweils die chronisch Depressiven etwas weniger zufrieden sind. Insgesamt lässt sich aus diesen Befunden ableiten, dass chronisch Depressive in der stationären Praxis weitgehend gleich behandelt werden wie ersterkrankte Depressive und die Patienten dies im wesentlichen selbst auch so einschätzen. Probleme der Operationalisierung chronisch depressiver versus ersterkrankter Patienten werden erörtert.

Measure of quality assurance in psychiatry differ in several aspects concerning structure, process and outcome quality in relation to other medical disciplines. During 1998 - 2000, a study was conducted that aimed specifically at the inpatient treatment of depressive patients. Most of the clinics in Baden-Württemberg took part and the statistical analysis was provided anonymously by a central institution. In this paper, the process and outcome quality of chronic depressive patients (N=725) is analysed and compared to a group of depressive patients with a first episode (N=599). Results show that there is no difference in symptomatology at admission. Treatment with regard to psychopharmacology and psychotherapy may be considered as equivalent. Length of stay is higher in chronic depressive patients and outcome below the improvement of first episode patients, but treatment success is still high. Patient satisfaction is very high in global assessment and more differentiated in specific treatment settings. Chronic depressive patients are always a little less satisfied. In general, one may conclude that chronic depressive inpatients get the same treatment strategies as first episode patients and the patients themselves also agree in their satisfaction with treatment conditions.

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PD Dr. Ferdinand Keller, Dipl.-Psych. 

AG Verlaufsforschung
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(Abt. Psychiatrie I der Univ. Ulm)

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