Z Geburtshilfe Neonatol 2001; 205(4): 125-127
DOI: 10.1055/s-2001-16820
EDITORIAL

Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Thromboembolische Komplikationen - häufigste Todesursache nach Kaiserschnitt

Thromboembolic Complications - The Most Frequent Mortality Cause after Caesarean SectionW. Rath1 , L. Heilmann2
  • 1 Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Aachen
  • 2 Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe, Stadtkrankenhaus Rüsselsheim
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
28. August 2001 (online)

Während über viele Jahre eine niedrige Sektiorate als eine Art „Gütesiegel geburtshilflicher Leistungen” propagiert wurde und Sektiosparprogramme als unabdingbare interne Qualitätskontrolle galten, ist gegenwärtig die Tendenz zu einer Liberalisierung der „Indikationen” zum Kaiserschnitt unübersehbar. Vor dem Hintergrund medizinischer, präventiver, haftungsrechtlicher, juristischer, psychologischer und sozialer Faktoren, die an anderer Stelle ausführlich diskutiert wurden (z. B. Editorial Zeitschrift Geburtshilfe Neonatologie 2000; 204: 125 - 127), war und ist eine Reduktion der Kaiserschnittrate in unseren Kliniken de facto kaum möglich, so dass die Diskussion um die Höhe der Sektiofrequenz als „anachronistisch” bezeichnet wurde. Die hinzutretende Konfrontation des Geburtshelfers mit dem Kaiserschnitt auf Wunsch, der von der FIGO 1998 als ethisch nicht gerechtfertigt, im Ablehnungsfall aber von anderen Autoren als Bevormundung und Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der mündigen Patientin angesehen wurde, führt in Verbindung mit falsch verstandenen Begriffen wie „sanfte Sektio”, bei der dem Laien eine Bagatellisierung dieser Operation einsuggeriert wird, zu einer erneuten Debatte über mütterliche Komplikationen und Letalitätsraten nach Kaiserschnitt. Belebt wird diese Diskussion durch inzwischen bekannt gewordene Publikationen, dass einerseits jeder dritte Geburtshelfer offen zugibt, die Indikation zum Kaiserschnitt aufgrund der Angst vor Kunstfehlerprozessen großzügiger zu stellen, als es seiner Überzeugung und seinem fachlichem Wissen entspricht, und andererseits, dass weibliche Geburtshelfer eher eine elektive Sektio ohne medizinische Indikation bei sich selbst wählen würden als männliche Geburtshelfer. Demnach dürfte sich auch bei unserer Berufsgruppe aus unterschiedlichen Gründen ein gedanklicher Paradigmawechsel vollziehen, der den nicht unbegründeten Verdacht aufkommen lässt, dass mütterliche Komplikationsraten und Todesfälle nach Sektio an bewusstseinsprägender Bedeutung verloren haben.

Prof. Dr. med. W. Rath

Direktor der Frauenklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe
Universitäts-Klinikum Aachen

Pauwelsstraße 30

52074 Aachen

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